Schwarze Schafe um die Herde

Früher hatte ich den Verdacht, dass 90% aller Neurologen frisch von der Mediziner-Resterampe kommen und mindestens einen schweren Sockenschuss haben; meiner MS verdanke ich die Zerstreuung dieses Verdachts zugunsten der Gewissheit, dass es 98% sind. Aber auch unter diesen besonderen, „andersbegabten“ Ärzten gibt es durchaus echte Leuchttürme (sofern wir die Definition „Leuchtturm“ auch gelten lassen, wenn das Ding falschrum steht und die Lampe Richtung Erdkern strahlt. Den schillernden Vogel, den Korrespondentin AW mir kürzlich beschrieb, will ich indes nicht für mich behalten – sondern gern auf diesem Wege teilen, und zwar wortwörtlich, weil ich so viel Freude an der Beschreibung hatte:

„Hab ich Ihnen von dem niedergelassenen Neurologen erzählt, der selber ein MRT-Gerät in seiner Gemeinschaftspraxis hatte, mir eine Basistherapie aufschwatzen wollte, dies auch sehr engagiert versuchte, und zu diesem Zwecke meine MRT-Bilder angeblich mit einem entsprechenden Programm aufbereitete, dass nur ganz engagierte Neurologen/Radiologen kaufen würden, weil es so teuer sei?

Meine mitgebrachten Bilder zierten demnach, mit seinem Programm ausgewertet, drei bis fünf neue Herde im Kopf … der Radiologe, der die Bilder machte, sowie eine Neurologin mit Argusaugen hatten zuvor keine neuen Herde gefunden, sprachen von erfreulich geringer Läsionslast im Kopf.

Ich fragte nach, wie das Programm denn heiße – dreimal insgesamt, zweimal gleich vor Ort und dann nochmal am Telefon, bekam aber von der Radiologieassistentin nur die Antwort, dass es so ein Programm gar nicht gäbe und – und, da ich insistierte, dass der Arzt es mir in Anwendung präsentiert hatte, die Antwort, die sie sodann beim Arzt mündlich einholte, dass ich das eh nicht kaufen könnte als Laie, weil es so teuer sei. Er habe eben einfach mehr Herde gesehen als die anderen,  ließ der Arzt mir nochmals ausrichten. 3-5 – fand ich auch spannend — die Zahlenangabe ….

So habe ich die Radiologiepraxis nochmals aufgesucht, die die Bilder machte, und die Chefin gebeten, mir ein erneutes Ansehen der Bilder und eine Stellungnahme zu dieser Aussage des medikamentenbemühen Neurologen zu gewähren.

Tat sie auch, samt anschließendem gemeinsamen Betrachten der Bilder. Das ursprüngliche Ergebnis wurde von ihr erneut bestätigt. Neuerlich befragt zum exklusiven Programm des Neurologen, machte sie nur große Augen und meinte, dass es so was gar nicht gäbe. Sie davon noch nie was gehört hätte.

Es geht nach wie vor nur: CD ins Laufwerk und dann auf großem Bildschirm ansehen. Von „Aufbereitungsprogrammen“ wäre auch auf dem letzten Fortbildungskongress nichts zu hören gewesen.

Spannend, oder? Nun frag ich mich echt, hat mir der medikamentenbegeisterte Neurologe überhaupt meine Bilder zum Vergleich gezeigt?

Erfindet er ein solches Programm?

Falls ja, wird’s ne Menge Geld sein, die er für eine verordnete BT bekommt. Für ne Pillepalle-Summe dreht man doch nicht so n Ding.

Falls nein  – steh ich doof da, zugegeben, mit 3-5 neuen Herden im Hirn…. aber ich glaub’s nicht recht.

Eine sonderbare Sache – dies Programm. (K)ein Schelm, der Böses dabei denkt?

Fakt ist wohl – egal, ob Süd oder Nord – sie stehen nicht auf unserer Seite, die Neurologen. So wir uns mal pauschales Schubladendenken gewähren wollen: Wir sind ein Ball in ihrem Spiel. Nur kennen wir die Spielregeln nicht richtig und vor allem: wir kennen das Preisgeld nicht. Es ist auch nicht vorgesehen, dass wir gewinnen könnten. Wir sind Zwangssparring-Partner. Aber für was trainieren die Neuros? Ansehen, Geld? Idealismus wohl kaum.

Besser, wir spielen nicht mit denen … außer mit denen, die eine Ausnahme bilden …

Vielleicht setzen wir mal ne bundesweite Liste von denen auf, mit denen wir spielen sollten. Und eine für die Feldenkraistherapeuten, die über Rezept abrechnen können.

Hier am Bodensee hat es ein paar – so gesehen paradiesische Zustände hier … nur für den Norden fehlen mir noch welche …

Bleiben Sie heiter bei allem Kuriosem! Wir lachen die MS einfach weg …“

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4 Antworten zu Schwarze Schafe um die Herde

  1. Chris sagt:

    Passend dazu ein aktuelles Bsp. von mir:

    Ich war vor einem halben Jahr, nach fünf Jahren wieder einmal zum Kontroll MRT. Ergebnis: keine neuen Herde. Damals vor fünf Jahren beim letzten war das Ergebnis das gleiche.

    Mir geht es soweit gut, hier und da leichte Symptome, vor allem eher psychisch. Keine Basis-Therapie. Alternativ nach Swank und MacDougall.

    Nun meinte Frau Dr. im MS Zentrum, ich solle trotzdem aller halben Jahre zum MRT und vierteljährlich zur Kontrolle zu Ihr kommen. Ich habe nun ein halbes Jahr verstreichen lassen ohne Besuch bei Ihr…

    Nun bekomme ich ungefragt per Post einen Termin zum MRT von der Klinik…! Ich weiß nicht, was ich schon wieder über eine Stunde in dieser Röhre soll? Was soll das bringen? Außer Umsatz und Auslastung?

    Bin nun total unsicher, wie ich mich verhalten soll. Wieder in die Röhre legen und mich über das schöne Ergebnis freuen und meiner KK Kosten verursachen?
    Chr.

  2. Ines sagt:

    Hallo,

    seit geraumer Zeit „kenne“ ich dich, Sven, ausm Fernsehen. 🙂 Vor allem durch die Dokus über die MS. Ich, 47, bin selber seit fast 19 Jahren (boah) Betroffene. Durch deinen letzten Post fühlte ich mich wieder mal zum Grinsen veranlasst und zum Schreiben eigener Zeilen. Bisher bekam ich von meinem Neurologen Kortison in Tablettenform. Die nahm ich bis vor noch gar nicht langer Zeit bei Bedarf über ca. knapp 2 Wochen, immer mit 3 Tage/100 mg/tgl. angefangen und dann jeweils tägl. drei Tage je 20 mg weniger, also ausschleichend. Alles soweit gut. Schubrate bei etwa 8 Monaten Pause, oder länger. Ich komme ganz gut klar. Wir waren uns beide einig (er hatte mir auch plausibel erklärt, warum) daß eine BT nicht in Frage kommt. Tja, jetzt ging er in Rente. Und es liegt bzw. lag an mir, einen neuen Neuro zu finden. Er bot mir seinen Nachfolger an, der ebenfalls bei Asklepios praktiziert. Er favorisiert zwar auch die BT, war aber sofort bereit, mir meine Tabl. zu verschreiben. Auch mit dem Hinweis, ich könne jederzeit die Tabs bekommen. Wir lernten uns kennen (ein bisschen) und wurden vertraut, bis … ja bis Asklepios ihn an die andere Seite von Hamburg versetzte. Da komme ich nicht hin. Zu weit. Also doch nochmal neu suchen. Hey, hier in der Nähe ist sogar eine Neurologin. Eine Frau. Die wird mich verstehen. Alles wird gut. Tja, Pustekuchen. Zitat: „Nee, diese Therapieform ist total veraltet. Das machen wir hier nicht. Bei uns gibt es nur BT oder evtl. Kortison i. V. hier in der Praxis. Dann kommen sie her und dann machen wir das. Kortisontabletten kriegen Sie von mir nicht.“ 🙁
    Ihre Praxis ist auf einem Krankenhausgelände, wo ständig alle Parkplätze durch Besucher belegt sind. Ich müßte weit laufen, was mich fertig macht. Also brauche ich jemanden, der mich fährt. Und ich soll auch regelmäßig ins MRT und bei ihr alle drei Monate einen Termin machen. Das letzte mal hatte der Röntgenarzt (den man ja nie kennenlernt oder gar sieht, also eine unsichtbare Kraft) auf meinem Röntgenbild nix gesehen. Ich hatte meine alten Bilder vergessen. Als er diese Tags darauf aber bekam, änderte er seinen Befund in die selben Erkenntnisse, wie die Ärzte die Jahre davor. Dumm nur, daß ich nun seine zwei Befunde habe. Fazit: Ich will kein MRT mehr, weil nutzlos, und ich will immer noch keine BT. Ich bin jetzt also ohne Arzt. Und ohne Medi. 🙂 So, das waren mal meine Vorstellungsworte. 🙂 Länger als geplant, aber irgendwas ist ja immer. Tschüß, Ines

  3. Thomas S. sagt:

    Herzlichen Dank Sven, für die Projekte und gründlichen Recherchen, sowie das neue Buch. Den Jelinek habe ich schon zuvor schätzen gelernt.

    Bin Jahrgang 61, und habe seit der Diagnose in 2007, dem anschließenden Verlust meines Arbeitsplatzes nach 18 Jahren in einem SW-Konzern, Verlassenwerden von meiner Partnerin und Aufgabe meines eigenen Hause so ziemlich auch das „volle Programm“ durch. Einschließlich 6Jahre nutzlose BT, seit 2008 dennoch sek-prog. und schulbuch-neourologisch dauerkrank austherapiert.

    Jetzt lebe ich mit einer früheren Schulfreundin seit 5 Jahren in Thüringen.
    Ihre lange 20J. symptomfreie Zeit der Schlummer-MS ist seit letztem Jahr vorbei,
    heftige Verschlechterung ihrer auch SPMS zwangen ebenfalls zur Aufgabe der Arbeitsstelle.
    What to do? Wir verzeichnen erste Erfolge, uns beide zunächst zu stabilisieren, mit der Abwendung von den 98-%-Neurologen hin zur Nutzung der Selbsheilungskräfte.

    Bei Bedarf haben wir einen 2-%-Neurologen, den ich weiter empfehlen möchte. Mit der intrathekalen Cortisongabe nach ordentlichen Setup und Wiederholungsbehandlungen kann – wenn die lsms-Maßnahmen doch allein nicht reichen – eine spürbare Verbesserung bei nur geringen bis moderaten Nebenwirkungen erreicht werden. Das ganze stationär in 3 Wochen Akutkrankenhaus (willkommen für meine private Ökonomie als PKV Patient) incl. des nötigen Physio-Programms.
    Hier googeln: http://www.alexianer-berlin-weissensee.de/unsere_angebote/st_joseph_krankenhaus/klinikenfachabteilungen/klinik_fuer_neurologie/
    Prof. Müller gibt auch gern seine eigenen Studien weiter über das offenbar auch aus Kostengründen vernachlässigte Verfahren ‚intrathekale Cortisoneingabe‘. Damit befriedigt er auch meinen akademischen Bildungsanspruch, macht sich transparent und vertrauenswürdig.

    Und bei einem Aufenthalt letzten November in Gailingen am Hochrhein konnte ich als Feldenkrais- und Physiotherapeuten den Herrn Wiesand dort im Ort engagieren. Der rechnet FK als Physio ab, und hat mich medizinisch „auch wieder auf meine Füße gestellt“, als ich es selbst nicht mehr konnte.

    In Süd-Thüringen gibts scheinbar nur die 98-%-Neuros, aber wir alle haben die wichtigen Selbstheilung, Spiritualität, Gute Nahrung, evtl. ketonisch, konzentrierte Kraftfelder in der Gemeinschaft, Svens Projekte und OMS, um unser Rationales zu befriedigen und so vieles, was noch zu entdecken bleibt. Und als Back-up die 2-%-Neurologen und Physio-, vllt auch Psychotherapeuten.

    Wir wünschen Euch allen Kraft, helles Licht in jeder Zelle und eine gute Zeit.
    Thomas & Carmen

  4. kommentator sagt:

    erinnert mich an den Witz vom Lungenfacharzt:

    Herr Müller, ich hab eine gute und eine schlechte Nachricht für sie:

    Zuerst die Schlechte:
    „Sie haben auf dem Röntgenbild einen Schatten auf der Lunge!“

    und jetzt die Gute.
    „Mit Photoshop kann man den wegmachen !“

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