Zynbrita & Co.

… nachgereicht, schon Schnee von gestern incl. einiger Todesopfer, dennoch nicht egal, weil der von Kontraste im April dokumentierte Fall zeigt, wie hilfreich „Anwendungsbeobachtungen“ sind. Wenn auch nicht unbedingt für den Patienten.

Der Gesundheitsminister ist natürlich trotzdem voll dafür, und falls irgendwer die Abmoderation des Kontraste-Beitrages nicht richtig versteht: Natürlich kann man keinem Arzt irgendwas vorwerfen, der seine CIS-Patienten mit monoklonalen Antikörpern behandelt. Auch wenn die dann sterben. Es gibt ja eine neurologische Leitlinie, und an die hat man sich zu halten. (Weshalb die Leitlinie von unabhängigen Betrachtern als „verheerend“ eingestuft wird, erläutere ich gelegentlich noch mal en detail, das Kapitel ist ja fast fertig …). Der Kontraste-Beitrag diene also lediglich als kleine Hilfe für all jene, die mich mailisch fragen, ob sie „das“ (diverse hippe Medikamentennamen einsetzen) nun machen sollen oder nicht, also beim „klinisch isolierten Syndrom“ sofort mit Zynbrita und Co. loslegen, wie von den Neurologen dringend empfohlen.

Ich kann das nicht beantworten, ich bin ja kein Arzt. Aber es verbietet einem ja (noch) keiner, sich zu informieren und gegebenenfalls was total Verwegenes zu machen.

 

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Lappen und Blauspray

Ach, herrlich. Das muss ich doch jetzt rasch weitergeben, wohin auch immer, denn die Notaufnahmeschwester, frisch preisgekürt. hatte ich bis heute nicht auf dem Schirm. Dank der Krautreporter, die Schwesters schönen Text „Ihr Lappen!“ heute reproduzierten, habe ich also ab jetzt noch mehr Spaß an unserem Krankensystem (und, ja, ich komme nicht zum bloggen, weil ich bis über beide Ohren in diesem Buch stecke, das zum Jahresende erscheint, und, nein, „Schreiben kann doch jeder, lernt man ja in der Schule“ stimmt so nicht ganz, das ist Arbeit).

Die Notaufnahmeschwester macht aber nicht nur sehr viel Spaß, sie erklärt mir nun zwischen den Zeilen auch, wieso wir Deutschen eigentlich Arztbesuchsweltmeister sind (mit durchschnittlich! 18! Besuchen pro Jahr), denn es sind beileibe nicht nur die alten und gelangweilten Kassenverwöhnten, die wegen jedem Scheiß zum Arzt laufen und Antibiotika gegen Schnupfen fordern. Die Jungen sind ja offenkundig noch wesentlich verwackelter.

Ich nehme den Hinweis dankbar entgegen. Und wundere mich höchstens am Rande, dass er mich binnen zwei Tagen doppelt erreicht, von Leuten, die ich weder gerufen noch gefragt habe. Bestimmt ist das nur selektive Wahrnehmung meinerseits, aber heute ist´s die Schwester – nachdem gerade gestern mir der hiesige Schornsteinfeger (!) einen halbstündigen sehr interessanten Vortrag hielt über Ärzte, Antidepressiva, Krebs und Chemo, Verstand, Selbstheilungskräfte und die inzwischen ganz generelle Verpeilung der hiesigen Menschen – ich weiß also jetzt, dass der Gegenpol zu Schwesters „Lappen“ die Omma des Schornsteinfegers war, die auch kleinere Malaisen wie Enkels schwere Kopfwunden (Tischlerhammer reinbekommen) generell behandelte mit ordentlich Blauspray (Jod für Fortgeschrittene, fragen Sie Ihren Ironman oder Veterinär), einem gefalteten Küchentuch, Eis und „Mütze drauf“. Blöd nur, dass der Enkel danach bolzen ging, denn nach dem ersten Kopfballtorpedo musste er dann doch kurz zum Arzt.

Die „Lappen“ kennt aber auch der schwarzhumorige Glückbringer aus dem Alltag. Denn er begegnet an Haustüren zunehmend Kindern, die sagen „Ich darf Sie nicht reinlassen, Mama ist nicht da“. Was natürlich sehr vernünftig ist, wenn das Kind jünger ist als 10 Jahre. Die Kinder, die meinem Schornsteinfeger die Tür nicht aufmachen, sind allerdings zwischen 30 und Mitte 40, meist männlich (nicht falsch verstehen, bitte) und können sich augenscheinlich weder allein anziehen noch allein zur Sparkasse.

Fragt sich nur, wer sich um die kümmert, wenn Mutti das Zeitliche segnet. Alle in die Notaufnahme? Für immer? Da wird sich die Schwester aber freuen.

 

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Umzug nach SimCity

Wer von den positiven Effekten der „Verschenk-Ökonomie“ berichten will, kann dafür ja schlecht ein Honorar fordern … weshalb die angehängte Arbeit nicht in einem kostenpflichtigen Magazin erscheint, sondern gratis hier, und der Autor nichts dagegen hat, diese Arbeit weiterverbreitet zu sehen (die einzige Einschränkung, betreffend die externe Rechtslage, steht unten auf dem Titelbild des .pdf).

Aber wer den nachfolgend beschriebenen Spirit mag, kann dann ja immer noch ein Pfund Kaffee kaufen und das nicht dem Autor schicken, sondern irgendwem anders schenken, zu dessen Freude. Sofern dieser andere Kaffee mag; sonst: Grüntee.

(Sofern mich nicht alles täuscht, kommt dann ja trotzdem eine Tasse Kaffee bei mir an, auf überraschenden, unergründlichen Wegen …)

(Download als .pdf bei Klick auf den Titel)

 

The English version is here: Moving to SimCity (.pdf). Translated with a little help by my diligent, though occasionally still pretty simple-minded friend DeepL, it does not completely meet my standards (or my demands on myself), but I hope you will take into consideration as a mitigating factor that though I am a staunch supporter of the “gift economy” described here, my personal time is limited by factual constraints (more commonly known as “making ends meet”). Native speakers with a sense of beauty are cordially invited to suggest improvements.

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Großstörung im Kopf des Feuilleton

Amitav Ghosh, indischer Feingeist und Literat, fragt sich und uns, die wir den existenzbedrohenden Klimawandel kaum oder gar nicht zur Kenntnis nehmen, „are we deranged?“ und wählt hier das perfekte Wort, denn deranged ist „gestört“ – und besser als „bescheuert“. Natürlich ginge auch „sind wir irre?“, aber „deranged“ ist durcheinander, nicht mehr arrangiert, eben: gestört. Und das umfasst ja auch die Unfähigkeit, klar und kontrolliert zu denken und zu handeln. Betreffend den Klimawandel, lautet die Antwort also entschieden „Ja“. Nun unternimmt aber Ghosh den Versuch, herauszufinden, weshalb gerade unsere Literaten und das Feuilleton so wenig mit dem Klimawandel anzufangen wissen und kommt dabei zum richtigen Schluss, Feuilleton, Hochliteratur und „anerkannte“ Intellektuelle seien Vasallen und Hofnarren der imperialen Powers to be. Dummerweise aber lebt Ghosh in der Filterblase, die er beschreibt, sprich: ist literarisch zensiert und beschränkt, mit seinen exemplarischen Dystopie-Eckpunkten Atwood, McEwan und McCarthy. Von Philip K. Dick weiß er nichts, von Crichton auch nicht, und von kontinental-lokalen Phänomenen wie Schätzing natürlich erst recht nichts. Ach, Ghosh weiß schlicht nichts von all dem, nichts von Dystopie, nichts von „SciFi“, daher gerät seine Analyse zwangsläufig ein bisschen peinlich, denn das „Gestörte“ liegt sicher nicht darin begründet, dass es an intellektuellen Literaten mangelt, es liegt nur daran, dass Intellektuelle wie Ghosh und seine Feuilletonblase diese Literaten nicht kennen. Geschweige denn diese Autoren loben. Denn die schreiben ja keine Literatur. Sagt das Feuilleton. Kreis geschlossen, Affe tot.

Sieht man von diesem Riesenproblem ab, ist Ghoshs Buch natürlich hübsch. Er kennt seinen Flaubert. Erzählt viele Anekdoten und fragt sich selbst immer wieder, wieso es ihm so schwer fällt, Klima in seine Romane einzubauen. Das Feuilleton wird sein Buch lieben. Es ist fast vollkommen ungefährlich.

Dennoch: Ghoshs Vermutung, die intellektuellen Autoren machten per se den Fehler, das Klima links liegen zu lassen, ist grundfalsch. Die Liste derer, die sich äußern, ist lang, schon im kleinen Deutschland reicht sie von Dirk C. Fleck (jüngster schöner Beitrag hier, im Rubikon,wirklich sehr lesenswert, wenn auch traurig) bis Kegel bis höchst populär Schätzing bis yours truly, und an Dystopien mangelt es eh ohnehin nicht, auch nicht an solchen aus der Anglo-Shpere, die unsere Klima-Störung wenigstens als Mitursache für den kommenden Untergang auf dem Zettel haben. Nur: Das intellektuelle Feuilleton (festangestellt) will von all dem nichts wissen, Zukunft ist „Science Fiction“, also per se „bäh“, das Feuilleton hat traditionell Bedeutenderes zu umkreisen als Relevantes, nämlich seinen Nabel. Und da passt die Welt nicht rein. Soll sich doch das Ressort Wissenschaft drum kümmern, um solche Sci Fi. Oder die Politik. Das Problem ist nur: diese Ressorts beschäftigen sich nicht mit Romanen. Soll sich das Feuilleton drum kümmern. Case closed. Schade.

Denn es ginge ja. Eigentlich. Wenn das Feuilleton nicht komplett verpeilt wäre und obendrein die „Alternativlos“-Agenda seiner Geldgeber gefressen hätte. Dass es auch anders geht, zeigt mir ganz persönlich (sehr zu meiner Freude) eine noch unbestochene angehende Intellektuelle namens Misty Matthews-Roper, die in ihrer Diplomarbeit unter dem Titel Responding to Ethical Dilemmas in the Anthropocene: Sven Böttcher’s Prophezeiung das systemische Problem verstanden hat (und obendrein die Verbindungen sich hieraus ergebenden Frageapparates mit Camus´ Vorstellungen von Revolte, Freiheit und Leidenschaft. Dem Feuilleton haben die von mir geworfenen diversen Zaunpfähle im Buch offenbar nicht gereicht, aber, wie mein ehemaliger Philosophielehrer so treffend markierte: „Kleine Gehirne sind eben sehr schwer zu treffen.“

Könnten wir also vielleicht doch auf die Wissenschaftsresorts ausweichen, wenn es um den Transport überlebenswichtiger Frage in Richtung Mainstream geht? Wohl kaum. Denn überlässt man die Bewertung von Literatur Klima-Experten, erweist sich als fatal, dass, wer einen Hammer hat, überall nur Nägel sieht. Und sonst nichts. Herausragend finde ich diesbezüglich wegen persönlicher Betroffenheit das Nachwort des ZEIT-Wissenschaftlers (Namen hab ich glatt vergessen) zur Ausgabe von Prophezeiung in der ZEIT-Hardcover-Edition Wissenschaftskrimis – der sich allen Ernstes kritisch darüber ausmährt, dass die von mir angeblich behauptete (Nein! Falsch!) präzise Wetterprognose über längere Zeiträume nicht möglich ist. (Das weiß ich! Darum geht´s nicht! Es geht um Hybris. Und daran, ob wir unseren Rechnern nicht zu viel Vertrauen schenken! Oder zeitnah schenken werden! Mann!)

Gut. Natürlich räume ich ein, dass ich am „Misserfolg“ (na ja) der Prophezeiung auch selber schuld bin, und zwar gleich dreifach. Denn wenn man schon weiß, wie das Feuilleton tickt, darf man natürlich nicht Thriller draufschreiben, selbst wenn der Stoff total spannend dargeboten wird, sondern wählt gefälligst Roman. (Kiwi, ich hab dir das hundertmal gesagt!). Zweitens aber ist man gefälligst auch nicht originell und wählt eben nicht eine Protagonistin, also eine Frau, denn Thriller lesen nur Männer, und die wollen Bruce Willis. Und wenn man dann auch noch fair ist als Autor und die eigene Heldin so anlegt, dass sie eben nicht von Anfang an perfekt ist, sondern in so fern unperfekt, als sie das Dilemma der Hybris nicht nur extern erfährt, sondern auch innerlich, ja, dann ist der Ofen natürlich endgültig aus. Denn so was! Will die weibliche Leserschaft nun wirklich nicht lesen. Eine Frau, die lernen muss? (Schaudern vom Band; das ist ja üble Fantasy!).Die verbleibenden schlechten Amazon-Rezessionen (sic, ich liebe dieses von den KritikerInnen so gern gewählte Fehlwort) begründeten ihre Ablehnung ja dann vorwiegend mit „zu viele Fremdwörter“ bzw. „Zu viel Wissenschaft“.

Ich find´s trotzdem schön, von wenigstens zwei Leuten sogar öffentlich verstanden zu werden. Danke also, Miss Roper. Und Danke, Florian Felix Weyh.

Grundsätzlich aber und eben nicht nur die Prophezeiung betreffend, scheint mir das Problem doch deutlich größer zu sein als Ghosh mit seinem „deranged“ vermutet – denn bei jeder „Verwirrung“ besteht ja zumindest eine Resthoffnung, dass der Patient sich wieder entwirrt und das Geradeausdenken neu erlernt. Unser „Derangement“ aber geht in so fern weiter und tiefer, weil wir nach meinem Empfinden sehr wohl wissen, dass wir uns selbst umbringen, allerdings nicht wirr oder versehentlich handeln, wie wir handeln, sondern durchaus folgerichtig – also alles andere als „wirr“.

Denn im Kern geht (oder ginge) es doch um die Erkenntnis, dass wir kollektiv gegen die Wand fahren und das nicht ändern können, weil wir keine Bremse in unser seit mehr als einem Jahrhundert so rasant und schillernd dahinrasendes Gefährt eingebaut haben, in den sogenannten Kapitalismus. Ulrike Hermann konstatierte ja ganz zurecht: „Der Bremsweg des Kapitalismus ist nicht erforscht“ – und so bleiben wir eben lieber sitzen, als versuchsweise einen Anker auf den Asphalt zu werfen oder während der Fahrt die Hinterräder abzubauen. So was ist nämlich gefährlich. Zwar nicht annährend so gefährlich wie die Weiterfahrt, die unweigerlich tödlich enden wird, aber trotzdem: gefährlich. Also gilt: Lieber nichts ändern. Parole: Wird schon gutgehen. (Spoiler gefällig? Nö, wird´s nicht.)

So machen wir also, wie (historisch) alle kollabierenden Imperien, „mehr vom Problem, um das Problem zu lösen“, sprich eingebaute Obsoleszenz, Schrottprämien, eAutos und Solardächer. Was das Problem vergrößert, nicht kleiner macht, bei endlichen Ressourcen, aber wenn die Ressourcen nicht reichen, dann folgen wir halt Googles Schmidt und Teslas Musk und … erschließen den Mond! Und machen auch dort alles kaputt.

Ändern werden wir so nichts an unserem Untergang. Mehr Effizienz, gar „endlose, kostenlose Energie aus der Sonne“ würde alles nur noch schlimmer machen, „Grüne“ Ideen sind, wie wir längst wissen, reine Lügen (auf dem gleichen Wachstumshaufen gesprossen wie alle anderen neoliberalen Ideen).

Aber unsere Weigerung, uns angemessen zu verhalten, hat tiefere Wurzeln. Wir müssten uns eben ganz anders verhalten. Unsere gesamte Gesellschaft, unser Wirtschaftsmodell, unser Denken korrigieren. Um zu überleben.

Das einzusehen, fällt allerdings schwer. Und wer´s nicht einsieht, kommt eben nicht mal in die Nähe von Handeln. So bleibt also stehen: „Lieber tot als klug“, denn klug ist anstrengend. Tot nicht.

(Aber, mit englischem Tippfehler: Ghosh! An den belletristisch-intellektuellen Autoren liegt’s, wenn überhaupt, zuletzt …)

P.S.: Ich sehe gerade, dass Blessing die deutsche Ausgabe „Die große Verblendung“ nennt. Das finde ich natürlich grundfalsch. Aber inhaltlich wird´s nicht viel ändern am schöngeistigen Text.

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This is us

Großartig. Eine wunderbare, herrliche Serie. Thematisch unheimlich lebensernst, dabei (oft) saukomisch, unfaßbar gut gebaut und getextet (von Dan Fogelman, Creator unter anderem von Rapunzel – neu verföhnt, und schon wundert man sich nicht mehr über den Esprit, der durch This is us weht), völlig zurecht vom globalen Schwarm auf 8,8 Imdb-Punkte hochgejubelt und zum Start der zweiten Staffel in den USA mit sensationellen Rekordquoten eingeschaltet.

In Deutschland schrieb Marek Bang (kino.de) zum Ende der Ausstrahlung von Season #1 „zum Glück ist der Spuk jetzt vorbei“ – für Pro7 wie für das belästigte Zuschauervolk, denn von fürchterlichen 700.000 Interessenten war der Welthit hierzulande bis zum Staffelende auf entsetzliche 400.000 abgestürzt. Das ist, vorsichtig gesagt, deutlich weniger als gar nichts.

Ich gestatte mir an dieser Stelle ein „Sag ich doch!“ in Richtung all der freundlichen Produzenten, die mich immer wieder anrufen und dringend bitten, eine moderne Familienserie für ARD, ZDF oder was Privates zu entwickeln – und dann nicht verstehen, weshalb ich das nicht mache (nicht mehr, nicht schon wieder). Aber jetzt, bitte, endgültig: bleibt uns doch nur gemeinsam ganz entschieden zu konstatieren, dass alle deutschen Redakteure völlig Recht haben, die meine (ernsten, saukomischen, unfassbar gut gebauten und getexteten Serien und Filme) am Ende 8-12 Folgen lang und hoch auf Papier liegen lassen und nicht machen (sprich: nicht drehen), denn es gibt für so was in Deutschland wirklich, wirklich absolut kein Publikum.

Aber für Krimis, abgeschlossen, mit klaren Strukturen und fähigen BeamtInnen für alle Fälle, aus debiler stabiler Pappe geschnitten – immer. Sechs Millionen, mindestens, zu jeder Tageszeit.

Eben: This is us. Das sind wir.

(Aber wo wir gerade dabei sind, Produzenten, Sender: Möchte vielleicht jemand „Danny und die L.E.I.L.A.“ kaufen? Supergut! Ehrlich! Ich schwör´s! Konzeption für Season 1 liegt ausführlichst vor (Horizontale ist skalierbar!), dazu 2 fertige Folgen. Vielleicht ein bisschen zu gut getextet, vielleicht ein bisschen zu sehr auch für Zuschauer zwischen 18 und 40, also die, die ihr gar nicht mehr auf dem Schirm habt, aber: mit Krimi drin. Auch. Aber nicht nur! Mail genügt! Ich antworte sogar)

Und unterwegs gucken wir, das versprengte Häuflein mit Geschmack, Sinn für Lebensernst und Humor, das Flop-Programm auf DVD weiter (– oder warten noch ein paar Tage, sofern wir beim bösen Amazon Prime-Kunden sind, denn angeblich hat die Krake Jeff sich auch This is us gesichert, also gäb´s das dann auch hierzulande weiter, wie alles Gute, im Bezahlprogramm.)

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Coke: strong buy!

Börsentipp, eiskalt serviert: Coca-Cola. Warum? Weil Coke weiter wachsen wird, wie der Laie schon an dieser verräterischen Insider-Info erkennt: Eine Milliarde zusätzlicher Plastikpullen im letzten Jahr! Tendenz für 2017/2018: steil steigend.

Andererseits, zugegeben, eine Milliarde, das ist jetzt auch wieder nicht soo viel, denn wir produzieren ja global minütlich 1 Million PET-Flaschen, da sind die paar extra Coke-Pullen binnen 16 ½ Stunden dazugeschmissen, und doch: das ist ein kleines, aber klares Signal für gesundes Konzernwachstum!

Und wir Deutschen dürfen da jetzt ja wohl auch mal smart sein und Aktien kaufen, ohne schlechtes Gewissen, denn wir werfen unsere Flaschen ja nicht ins Meer, wie alle anderen. Unsere  werden recycelt! Unsere 46 Millionen täglich. 17 Milliarden Flaschen per anno, 200 pro Kopf werden zu 97% geschreddert und wiederverwertet. Ha! Wir sind die Guten!

Na schön, für die Herstellung gehen trotzdem 665.000 Tonnen Rohöl drauf (damit ließen sich eine halbe Million Einfamilienhäuser ein Jahr lang beheizen) & ein bißchen weitere Energie (genug für weitere 3 Millionen 3 Personen-Haushalte), und würde man – buh – alle hierzulande konsumierten alkoholfreien Getränke ausschließlich in Mehrweg- statt in Einwegflaschen abfüllen, ließen sich alljährlich 1,25 Mio. Tonnen CO2 einsparen, sprich: der CO2-Ausstoß von 575.000 Mittelklassewagen a 15.000 km Jahresfahrleistung. Zuletzt, am Rande bemerkt, braucht´s für die Herstellung von so ner PET-Pulle noch was anderes, nämlich: Wasser. 4 bis 8 Liter. Pro 1-Liter-Pulle. Aber, hey! Wer braucht schon Wasser! Wir reden hier von Coke! Außerdem wird man sich ja wohl auch mal eine kleinere Sünde erlauben dürfen als Europameister im Müllvermeiden! Äh. Nee, Moment. Europameister im Müllproduzieren.

Na, Hauptsache: Erster! Darauf eine Coke.

Spaßbremsen-Disclaimer: Mein Lieblingswasser heißt Volvic, aber das trinke ich nicht, ich hab doch Kinder. Ich trinke also Magnus aus Glas-Pfandflaschen, abgefüllt in Hamburg-Norderstedt.

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Neues aus der Nervenbranche

Endlich! Gute Nachrichten! Die neue Verkäuferbroschüre für die MS-Dealer in Weiß ist da, und da stehen wirklich nur nützliche Dinge drin (für Verkäufer, nicht für Patienten). Herausgeber der vielen hilfreichen Hinweise ist übrigens der gemeinnützige Verein Kompetenznetz Multiple Sklerose e. V., eine tolle Einrichtung, sie sich ganz allein aus Spenden finanziert. Beim KKMS kamen 2015 allein von Privatpersonen satte 4.302,50€ in die Kassen (toll!), die verbleibenden 144.302,50€ kamen von der Pharmaindustrie (na, toll). (Geschäftsberichte? Hier. Bis zum Ende scrollen.)

Die fast gar nicht pharmabespendete DMSG hat übrigens auch zum Coimbra-Protokoll Stellung bezogen. Das wurde ja auch Zeit, dass da mal Respektspersonen für Ruhe sorgen. Kurzfassung: Das Protokoll wird allenfalls als potenzielle Ergänzung zum gesetzten Chemo-Cocktail betrachtet, aber eigentlich nicht mal das, denn die DMSG-Neurologen weisen natürlich darauf hin, man müsse das Ergebnis randomisierter Studien abwarten. Richtig. Und wer macht die? Auch richtig: Keiner. Jedenfalls nicht vor diesem Fabeltag, an dem wir gleichzeitig Ostern feiern und Weihnachten.

(Sicherheitshalber doppelt hinzugefügt: „Unser“ (lsms.info)-Professor Jörg Spitz hat sich das Ganze aus nächster brasilianischer Nähe angesehen, und unterm Strich lässt sich das CP eben nicht reduzieren auf „ordentlich D rein, und schon ist alles wieder gut“, denn auch beim CP spielen die „Lifestyle“-Faktoren eine Riesenrolle, von Ernährung bis Verhalten. Die Details für diesen Weg finden sich je bei Bedarf weiter auf lsms.info und life-sms.org).

P.S., der Vollständigkeit halber – die FAZ hatte übrigens kürzlich eine hübsche Nebelkerze im Programm, unter dem Titel Amerikanische Abgeordnete ermitteln wegen Arzneimittelpreisen (18. 8. 17). Das klingt ja zunächst mal gut, und im Text finden sich sogar harte Fakten zum Skandal: „Nachdem sich die Preise für MS-Medikamente seit 2004 nahezu verfünffacht haben“ (von 16.000/2004 auf 78.000/2016) „wollen die Abgeordneten herausfinden, ob die Unternehmen die Preise im Gleichschritt angehoben haben“ sowie „Für Merck ist ihr MS-Mittel Rebif mit einem Jahreserlös von zuletzt 1,74 Milliarden Euro bislang das mit Abstand umsatzstärkste Medikament. Bayer setzte mit seinem MS-Mittel Betaferon im vergangenen Jahr 734 Millionen Euro um, davon 386 Millionen in den Vereinigten Staaten. Das Mittel liegt damit auf Platz sechs der umsatzstärksten Pharmaprodukte der Leverkusener.“

Und nun glaube doch bitte mal einer, die beiden gerechten Abgeordneten wären nur vorgeprescht, um die Welt besser zu machen, und würden sich nicht binnen Wochen gegen Zahlung einer kleinen Millionenspende wieder vernünftig verhalten. In dem Fall hülfe dann wohl nur noch eine an die Haustür genagelte Katze.

Aber es klingt ja gut. Und, eben, anders als das, was die FAZ sonst so „berichtet“ über MS. Exemplarisch zum Genießen ein schönes Loblied auf die Industrie und ihre Monoklonalen: Jenseits von Kortison (Michael Brendler, 2. 12. 2016), treffend per Leserbrief einsortiert von den tapferen Tag-Trier-Streiterinnen Bessler, Jung und Scheiderbauer: „Die FAZ, die hier einen Artikel veröffentlicht hat, der das Niveau einer Pressemitteilung der Pharmaindustrie hat und eines Prestige-Mediums nicht würdig ist. Vor allem zu bedauern sind die MS-Betroffenen und deren Angehörigen, denen einmal mehr, durch schlecht recherchierte Informationen, Druck und Angst gemacht wird, sich im Sinne der Pharmaindustrie zu verhalten. Nämlich kritiklos eine immer risikoreichere Medikation mitzutragen.“

Na. Da dürfen wir ja alle unheimlich gar nicht gespannt sein, wie die FAZ die kommende Leitlinie feiern wird. Die wird für 2018 sehnsüchtig erwartet (nicht von den Patienten), und mit etwas Glück bekommen ja auch alle „CIS“-Fälle dann ein Upgrade von „sofort Basisprogramm“ auf „dürfen sofort auch alles andere“.

P.P.S.: Kann mal einer die Wikipedia anrufen und der sagen, sie solle endlich ihre deutschen MS-Prävalenz-Zahlen von 2000 wegwerfen? („Nach aktuellen Schätzungen liegt die Krankheitshäufigkeit (…) bei 149 Erkrankten pro 100.000 Einwohnern, woraus sich eine Gesamtzahl von etwa 122.000 Erkrankten ergäbe. Andere Schätzungen gehen von 67.000 bis 138.000 erkrankten Patienten aus.“) Das Bundesversicherungsamt hatte dazu schon 2014 ein paar klare Anmerkungen und ein Fazit, nämlich „Die Zahl der in Deutschland lebenden MS-Kranken ist ungefähr 50% höher als bislang vermutet“ – liegt also bei etwa 240.000. Und das ist nicht so ganz egal, denn es relativiert Verwendung wie Nutzen der Pharmaprodukte, weil bei fairer Betrachtung schlicht die Zahl der MS-Diagnostizierten, die überhaupt zu Neurologen gehen, etwas kleiner ist als angenommen. Daraus ließen sich ja möglicherweise Schlüsse ziehen, und sogar positive. Wer sagt´s der Wiki?

P.P.P.S. nach Martins Kommentar. Okay, so müsste es aussehen.

Sah´s auch bis eben, aber jetzt ist´s auch schon beim Wiki-Tüv. Mal schauen, ob es da heil wieder rauskommt.

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