… und hört mal euren Verlagen zu, denn ohne die wärt ihr ja nun mal wirklich nichts als ebook-Leichen, die keiner kennt oder gar liest. Und eure Verleger wissen: Der BGH versteht einfach nichts von Recht. Susanne Schüssler hingegen schon, ihres Zeichens Verlagsleiterin (Wagenbach). Also, herhören, BGH.
„Obwohl die Mehrheit der Autoren und Übersetzer, aber auch die Bundesregierung überzeugt sind, dass die Verlage sehr wohl Leistungen erbringen, die in diesem Zusammenhang vergütet werden müssen, hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass nach derzeitiger Rechtslage die Verwertungsgesellschaft Wort die Verleger nicht an den Ausschüttungen beteiligen darf.“
Der spinnt ja wohl, der Hof.
„Dies gilt für die Zukunft, aber auch rückwirkend. So ist die VG Wort gezwungen, die Verlagsanteile der Jahre 2012 bis 2015 wieder zurückzufordern.“
Un-fass-bar! Und einfach so! Kalt erwischt. Wobei … na ja, alle Zahlungen seit 2012 erfolgten ja unter ausdrücklichem Rückforderungsvorbehalt, außerdem hatten alle Verlage schon 2015 nach dem Reprobel-Urteil des EuGH Rückforderungsschreiben der VG Wort erhalten und mussten, wenn sie die Rückzahlung aufschieben wollten, schriftliche Verjährunsverzichtserklärungen gegenüber der VG Wort abgeben. Sprich: Die Verlage wussten die ganze Zeit, dass sie unrechtmäßig Geld vereinnahmt haben und dies wieder hergeben müssen. Aber wenn man das einfach unter den Tisch fallen lässt, kann man die Bestürzungsschraube natürlich noch ein bisschen weiter durchdrehen:
„Diese Entscheidung ist katastrophal. Sie ist nicht nur vollkommen blind für die Arbeit der Verlage, sie schwächt das Urheberrecht insgesamt und hat ökonomisch weitreichende Folgen.“
Äh. Ökonomische Folgen für die Verlage, ja. Das Urheberrecht hingegen … wird doch eher gestärkt?
„Einerseits bedeutet sie einen Sieg für die Geräteindustrie, der nun die Begründung frei Haus geliefert wurde, nur noch den Autorenanteil an die Verwertungsgesellschaft zu bezahlen.“
Oha. Geklagt hatte aber nicht die Geräteindustrie, geklagt hatten die Urheber, vertreten durch Martin Vogel.
„Zum anderen wird (diese Entscheidung) vielen Verlagen große Schwierigkeiten bringen: Sie werden noch weniger ungewöhnliche, aufwendige und kostenträchtige Projekte wagen und finanzieren können.“
Stimmt. Und so geht das nicht. Verlage sollten nicht zu gesunden Mischkalkulationen gezwungen werden.
„Als Mitglied des Verwaltungsrats der VG Wort“
Wow! Und das „en passant“.
„habe ich zusammen mit anderen Verlegern und mit Autoren – trotz mancher Auseinandersetzung – viele Jahre für die gemeinsame Rechteverwertung gekämpft. Umso mehr trifft mich diese Entscheidung.“
Offenkundig. Allerdings ist das eine sehr selbstbewusste Form der Kränkung. Denn wenn man jemand jahrelang zuruft „du handelst vermutlich ungesetzlich und wirst am Ende wohl geradestehen müssen“ und der dann beleidigt ist, wenn´s tatsächlich so kommt – mei, das hat schon was … Herrschaftszeitliches.
„Für unseren Verlag, der nicht gewinnorientiert arbeitet, heißt es, in allen Bereichen deutlich einzusparen.“
Augenblick mal. Nicht gewinnorientiert? Toll. Und edel. Aber wovon zahlt der Verlag seine Festangestelltenhonorare? Und wieso ist der Verlag kein Verein? Oder eine gemeinnützige GmbH?
„Am sichtbarsten wird dies bei der Leserinformation: Zum ersten Mal seit Gründung des Verlags 1964 werden wir keine „Zwiebel“ mit den jährlichen Neuerscheinungen und dem Gesamtverzeichnis produzieren und an die Buchhandlungen und Leser verschicken.“
Um Himmels willen! Wagenbach kann wegen des rechtsahnungslosen BGH seine Werbung nicht mehr per Post versenden! Werbung, die bei den Buchhändlern eh sofort in der blauen Tonne landet. Das geht nicht! Da müssen die Gesetze geändert werden! Gewinnlos arbeitende Verlage müssen ein Recht haben, Geld zu verbrennen!
„Als einzigen Weg, die Belastung der vollständigen Rückzahlung zu reduzieren, sieht der BGH die Möglichkeit vor, dass die Autoren und Übersetzer selbst entscheiden, ob sie die zunächst für die Verlage vorgesehenen, jetzt ihnen zusätzlich zugesprochenen Anteile an die Verlage abtreten.“
Cool. Das sieht der BGH vor? Echt? Die Autoren (alle reich) retten die Verlage (alle arm)? Problematik siehe hier. Das riecht nach Schenkung (und kostet die Autoren extra Geld. Aber die sind ja, siehe oben, alle reich).
„Die VG Wort hat sich bereit erklärt, solche Abtretungen von Autoren und Übersetzern abzuwickeln.“*
Sagt: Frau Schüssler, Mitglied des VG Wort-Verwaltungsrates. Aber … seltsam. Wieso organisieren die Verlage das nicht selbst, also Verlagsleiter wie Frau Schüssler? Die VG Wort ist doch die Vertretung der Urheber?
„Über einen Vorschlag, wie dies geschehen kann, wird auf der nächsten Mitgliederversammlung am 26. November entschieden. Falls Sie Mitglied der VG Wort sind, möchte ich dringend für Ihre Stimmabgabe zugunsten dieses Vorschlags die Vergangenheit betreffend werben.“
Also: Ignorieren des BGH-Urteils, Ausbootung der Autoren, die dann ggf. noch ein Häppchen Schenkungssteuer beisteuern.
„Und hoffen Sie mit uns, dass die politisch Verantwortlichen in Berlin und Brüssel schnell eine Lösung für die Zukunft herbeiführen.“
Na, bitte, das durfte ja nicht fehlen. Im Klartext: Wenn der BGH den Verlegern erklärt „ja, so ist das Gesetz gemeint“, sorgen die Verleger dafür, dass das Gesetz eben weg kommt.
Und, ja, das ist so gemeint.
(Wird auch klappen. Siehe Titelzeile. Legt euch wieder hin. Autoren haben keine Lobby, weder in Berlin noch in Brüssel.)
* Dieser nachdrückliche Hinweis erging nur offenbar nur an die Autoren, nicht im offenen Brief im Börsenblatt. Immerhin weist eben jenes aber in Klammern vorneweg darauf hin. Allerdings ohne zu erwähnen, dass die Schenkerei rechtlich nicht ohne ist (sprich: steuerliche Folgen hat).