Abrat (s krz w mgl)

Nassin Taleb: Antifragilität (688 Seiten): „Nur die Harten kommen in den Garten“ auf Kontinentalplattenspeed.

Veronika beschließt zu sterben (Verfilmung nach Coelhos Roman): Vorteil Zuschauer – sich zu Tode zu langweilen ist ja wenigstens ein Grund.

„Diese Wärmflasche ist als Pferd erhältlich“ (amazon): Enttäuschung vorprogrammiert, Sieg beim Derby faktisch ausgeschlossen.

(Vorbildlich und unerreicht bleiben aber aus „Der Rabe“ (circa 1996) und „Der kleine Navigator“ (circa auch so):

Betty Mahmoody: Nicht ohne meine Tochter

Aber ohne mich.

(Rafik Schami)

sowie

Thomas Mann: Der Zauberberg

Kommt ein Mann zum Arzt – und bleibt sieben Jahre.

(Christian Klippel)

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Wand in Sicht (mit 300 km/h)

Uschi vdL war ja schon 2006 so beängstigend offen und ehrlich: „Ein Kind braucht mehr Anregungen und Impulse, als die Mutter ihm geben kann“. Wer so ungeschönt seine eigene Inkompetenz einräumt, dem muss und soll geholfen werden – und dessen Kindern erst recht, indem man sie aus dem Dunstkreis der um Hilfe rufenden Mutter möglichst weit entfernt. Das ist bei vdL gelungen, zum Segen der Kinder. Der Rest der Geschichte ist allerdings ein klassischer Fall von Wahnsinn im gestrecktem Galopp. Denn die schon mit dem Einfachsten überforderte Frau bringt ja seither nicht etwa auf 400-Euro-Basis bei Edeka Milchtüten in Reihe, sondern kraft ihres Vollmeisenschwarms gleich ein ganzes Land auf Kurs Richtung Geschlossene. Daraus lernen wir was? Genau, nichts. Beziehungsweise: „Kommt, wir gucken mal, ob sie die Wickeltische demnächst mit in den Schützengraben stellt.“

Die unbetreute Uschi hat unterdessen ihr Ziel fast erreicht, nämlich das Unmögliche: aus zwei diametral entgegengetzten Ideologien (US-Raubtierkapitalismus und nordkoreanischer Vollkontrolle) tatsächlich alle schlechten Errungenschaften unter einem Dach zu vereinen, ohne auch nur einen positiven Aspekt der beiden Systeme zu erhalten. Und so befinden wir uns in Sachen „Kinder und Familien“ förmlich in der US-DDR, einem wahrhaft komplett verpeilten Monsterapparat. So hat die Betreuungsbedürftige, fälschlich, aber klinisch konsequent von sich auf alle anderen schließend, auf ganzer Linie gesiegt: Wir alle sind im Irrenhaus. Nur sie nicht.

Die verheerenden Folgen sind schon häufiger beschrieben worden, aber Rainer Stadlers „Vater Mutter Staat“ verdient trotzdem eine ausdrückliche Empfehlung, denn das Buch ist nicht nur prima recherchiert, sondern auch prima geschrieben – nämlich bewundernswert beherrscht. Was gar nicht so leicht ist, betrachtet man die Fakten in Sachen Familien- und Kinderseelenzerstörung einigermaßen nüchtern. Dass weiterhin zirka 80% der Bevölkerung eben nicht Uschis Meinung sind, sondern diese korrekt als komplett verpeilt erkennen, konstatiert Stadler am Rande, ebenso den zugrundeliegenden Grundfehler, den man sehr schlicht mit „Vergötterung des falschen Gottes BIP“ abkürzen kann. Das einzige, was Stadler – ebenfalls bewunderswert – weglässt, ist der unvermeidliche Ausgang des irren Menschenversuchs.

Denn machen wir uns nichts vor: Noch leben wir zumindest in der Illusion, wir müssten ja nicht mitmachen beim Wahnsinn, wir könnten noch (wie yours truly) Kindern die verlässliche Gegenwart ihrer Mütter erlauben, und sei es, indem wir eben dreimal so viel arbeiten und auf alle Rentenansprüche verzichten, um genau das für die Kinder herzustellen: Aufwachsen in Liebe und Sicherheit. Genau diese Möglichkeit aber wird kommenden Elterngenerationen gerade genommen. Meine Kinder werden nicht mehr die Wahl haben. Sie werden ihre eigenen Kinder vom 6ten oder 12ten Lebensmonat an bis zum Ende der Schullaufbahn den ganzen Tag in fremde Hände geben müssen, ausnahmslos, ganz gleich, wie viele Studien belegen und beweisen, dass das krank und lieblos ist, den Kindern schadet und sie bestenfalls zu astreinen asozialen Psychopathen macht.

Ich habe drei kluge Töchter. Alle drei werden sich unter diesen Umständen entscheiden, entweder das Land zu verlassen oder auf eigene Kinder ganz zu verzichten. Aber ich bin sicher, dass Uschi dazu auch noch was einfällt, um die Truppe wieder auf Kurs zu bringen. Vermutlich müssen wir also nicht nur mit Krabbelgruppen im Schützengraben rechnen, sondern auch mit massenhaften Zwangsbefruchtungen. Was sonst noch an schwarzen Ideen unter diesem Pony flattert, möchte man sich dann allerdings wirklich nicht vorstellen.

Rainer Stadler: Vater Mutter Staat (Ludwig 2014, 272 S., 19.99 €)

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In Sachen lsms.info (#2)

Offenlegung #2, nachdem ich ja schon vor vier Wochen Honorare für „MS für Anfänger“ in Höhe von 513,43 € an unsere gemeinsame Sache überweisen konnte. Der Spendenstand hat sich jetzt nochmal geändert, der hier, von eben …

… ist überholt. Meine Autorenhonorare für die zweite Jahreshälfte betragen weitere 573,80 €, die ich via betterplace jetzt ebenfalls eingezahlt habe. Der neue Finanzierungsbedarf für die lsms-Phase 1 lässt sich jetzt auch auf der lsms-Startseite abrufen, und ich bin regelrecht zuversichtlich, dass wir auch den Rest der Summe noch in 2014 schaffen.

Allen, die „MS für Anfänger“ als ebook gekauft haben, statt das Gratis-pdf mitzunehmen, danke ich abermals von Herzen (im Namen aller, die auf lsms.info schon jetzt reichlich hilfreiche und Hoffnung stiftende Informationen finden).

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Kein Journalismus, nirgendwo

Kürzer und treffender als John Pilger kann man den lebensgefährlichen Stand der Dinge nicht zusammenfassen, drum ist seine frische kurze Ansprache War by media and the triumph of propaganda Pflichtlektüre (wahlweise Pflichtprogramm). Das Fazit sei hier aber für „Keine-Zeit-Leser“ vorweggenommen:

In the 18th century, Edmund Burke described the role of the press as a Fourth Estate checking the powerful. Was that ever true? It certainly doesn’t wash any more. What we need is a Fifth Estate: a journalism that monitors, deconstructs and counters propaganda and teaches the young to be agents of people, not power. We need what the Russians called perestroika – an insurrection of subjugated knowledge. I would call it real journalism.

It’s 100 years since the First World War. Reporters then were rewarded and knighted for their silence and collusion. At the height of the slaughter, British prime minister David Lloyd George confided in C.P. Scott, editor of the Manchester Guardian: „If people really knew [the truth] the war would be stopped tomorrow, but of course they don’t know and can’t know.“

It’s time they knew.

Aber wer sagt´s ihnen?

(Tipp: „Bröckers“ und „Putinversteher“ googlen. Und danach RSS abonnieren).

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In Sachen lsms.info …

… pflichtschuldig eine kurze Offenlegung, verbunden mit meinem Dank an diejenigen unter euch, die nicht das Gratis-pdf „MS für Anfänger“ mitgenommen haben, sondern so nett waren, das Kindle-ebook zu bestellen (siehe rechts, etwas weiter unten). Dass sämtliche Autorenhonorare hieraus in lsms.info fließen, hatte ich ja versprochen, drum ist der Stand von eben …

… seit eben nicht mehr der Stand von eben (siehe hier). Weil ich für den Zeitraum Ende August bis Ende November 513,73 € Autorenhonorar an lsms überweisen konnte.

Dank euch.

Der Ausbau der Seite geht unterdessen langsam, aber stetig weiter. Programmierung und Design zahle ich weiterhin einstweilen selbst (Danke, Stefan, Heiko und Kristin, für die skandalös niedrigen Honorarforderungen!), an der Erweiterung um den Bereich „Berichte Geheilter“ arbeiten wir (eben: weil 20 Stabile und/oder Geheilte so nett waren, mir den Abdruck ihrer Geschichten für „DuTs“ zu gestatten. Also wollen wir diese Berichte nach Möglichkeit in geeigneter Form auch auf lsms weitergeben. Wir arbeiten dran.

Bei weitergehendem Interesse an den Inhalten: Neu eingefügt auf lsms.info sind die „peer review“ten Nachträge zum MRT sowie zum Kortison.

Möge alles hilfreich sein.

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Braveheart mit Sitzheizung (trotzdem unbequem)

Steigt ein Mann ins Auto, biegt falsch ab und telefoniert 85 Minuten. Klingt nicht direkt fesselnd? Ist aber. Höchst und absolut.

Locke heisst auf deutsch nicht Locke, weil das irreführend gewesen wäre (zumal ja der grandiose Hauptdarsteller Tom Hardy gar keine Locken hat) – stattdessen ist man auf einen für Deutsche verständlicheren Titel ausgewichen, nämlich No Turning Back. Vermutlich, weil das nach Thriller klingt und man hofft, spätestens auf den Saturn-Grabbeltischen noch ein paar Nichtlesefähige in die Irre zu führen.

Aber Locke ist, obwohl hochspannend, kein Thriller. Locke ist ein Ein-Personen-Roadmovie (geschrieben und inszeniert von Steven Knight): es gibt keinen einzigen Umschnitt zu den anderen Charakteren, die hier alle entscheidenden Rollen spielen, keinen einzigen anderen Darsteller im Bild – wir bleiben die ganze Zeit bei Ivan, Nachname Locke. Der sich nach einem ganz normalen Arbeitstag als Zementbau-Vorarbeiter entscheidet, nicht nach Hause zu fahren und gemeinsam mit seinen vorfreudigen Söhnen und seiner wunderbaren Frau das anstehende Spiel der gemeinsamen Mannschaft im Fernseh zu schauen, sondern nach rechts abzubiegen. Dafür hat er gute Gründe, aber das Abbiegen wird ihn im Verlauf der nun folgenden 85 Minuten alles kosten, was sein Leben bis zu diesem Augenblick ausgemacht hat. Und wir dürfen mitfahren und zuhören, wie Locke mit einem ganzen Haufen Leute telefoniert. Und wir dürfen dabei „on the edge of our seats“ uns selbst fragen, wie wir uns verhalten hätten, verhalten würden, was wir denken, sagen, tun würden an Lockes Stelle.

Es geht in diesen 85 Minuten um alles: um den Preis für Loyalitität, um Integrität, um Rückgrat, um Moral – und darum, wie wir zu unseren Fehlern und Versäumnissen stehen. Und Ivan Locke ist eben kein Held, der sich für Schottland oder gleich die ganze Menschheit opfert, sondern im allerbesten Sinn „Du und ich“. Weshalb garantiert so mancher den Film regelrecht unangenehm finden wird, denn normalerweise übersetzen wir ja „Verantwortung übernehmen“ nur noch mit „Zurücktreten, aber bei vollem Rentenanspruch.“

Drum sei die Bemerkung sicherheitshalber gestattet: Wer hier einsteigt, begibt sich auf eine schmerzhafte Reise und steigt verändert wieder aus. (Es sei denn, er oder sie ist wahlweise mindestens Braveheart oder Gandhi oder eben von Kopf bis Herz aus Holz.)

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2-Minuten-Gesundheitskontemplation

(… weil wir doch deutlich mehr wissen, als wir selbst zu wissen meinen – und unsere Sprache ein für den Transport von Wahrheit so wunderbar maßgefertigtes Vehikel ist).

Was sagen Sie eigentlich (sehr präzise), wenn Sie aussprechen: „Ich habe mir eine Erkältung eingefangen“?

Was will ich von Ihnen wissen, wenn ich (sehr präzise) frage: „Was fehlt Ihnen?“

Und was sagen Sie (komplett präzise) wenn Sie aussprechen: „Ich fühle mich nicht.“?

2 Minuten nachhallen lassen.

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