Doom 2.0: IPCC und Emmott

Lang erwartet und garantiert nicht ersehnt liegt der fünfte Assesment Report des IPCC nun also vor (Kurzfassung für „Policymakers“ hier), enthält aber wenig Neues. Es bleibt bei der öden Aussage: Wir Menschen sind schuld am Klimawandel, die Meeresspiegel steigen, es wird wärmer, das Eis verschwindet, wir müssen dringend alles ändern, wollen wir kommenden Generationen keinen Höllenplaneten im Dauerkriegszustand übergeben, sondern einen bewohnbaren. Das wissen wir allerdings schon seit Kyoto (1997), und seither haben wir nichts weiter getan, als alles zu verschlimmern. Seit wir uns damals verpflichtet haben, im Interesse unserer Kinder und Enkel den Ausstoß an Treibhausgasen von 6,4 Gigatonnen per anno deutlich zu reduzieren, haben wir jedenfalls ganze Arbeit geleistet und den Ausstoß auf 9,5 GT vergrößert. Eine Richtungsänderung ist undenkbar, Vernunft oder koordiniertes Handeln sind gesichert auszuschließen. Case closed.

Erfreulich ist in diesem Zusammenhang Stephen Emmotts frisches kleines Klippschülerbuch „10 Billion“ (deutsch bei Suhrkamp für 14.99, originalsprachliche papierfreie Version für zirka 4 Kindle-Euro). Wer schon vieles weiß und gelesen hat, wird enttäuscht sein, denn neu sind Emmotts gesammelte Fakten und Daten weiß Gott nicht. Aber anders als alle Radermachers und verwandten Optimisten konstatiert Emmott erfrischend kurz und deutlich, dass wir trotz der glasklaren Faktenlage nicht das Geringste ändern werden, sprich dem Untergang geweiht sind, quintessentiell präzise und vor allem unwiderlegbar: „We´re fucked“.

Immerhin: Eine Maßnahme fällt dem brillantesten Wissenschaftler, denn Emmott kennt, dann am Ende doch noch ein, und dem ist wenig hinzuzufügen.

„Teach my son how to use a gun.“

Abendfüllend ist das allerdings nicht, zum Glück. Und so machen wir in der restlichen und noch verbleibenden Zeit einfach alle weiter wie gehabt. Die Dummen, weil sie´s nicht besser wissen, und wir Klugen, weil wir wissen, dass es zu spät ist.

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Goldman & Sachs für Einsteiger

Goldman Sachs – Eine Bank regiert die Welt (von Jérôme Fritel und Marc Roche) ist ein bemerkenswerter Dokumentarbericht von jenseits aller roten Linien: Diese „Bank“ hat keine Zweigstellen, keine Filialen, kein Firmenschild, keine Privatkunden. Sondern Anleger, gennant „Gegenparteien“: Industrie und Staaten. Mit jährlichem Spielgeld in Höhe des zweifachen französischen BIP ausgestattet sowie dem Glaubensbekenntnis zu Gier, Diskretion und rabiater Risikobereitschaft, will GS nicht nur Erfolg haben: dem System ist immanent, dass andere scheitern und untergehen. Deshalb wettet GS auch gelegentlich gegen die eigenen Anleger, die man intern mit gebührendem Respekt „Muppets“ nennt. Dass diese besondere „Firma“ unvernichtbar ist, versteht sich vorn selbst. Schließlich gehören ihr das weiße Haus, die FED und die EZB.

Ab 18. Nichts für Menschen mit schwachen Nerven, schwachem Magen oder ungefestigtem Weltverbessererglauben.

Müssen wir jetzt alle sterben!?!?“ (BILD)

Nee, keine Sorge: erst mal nur alle Armen. (90%)

Wiederholung: 28. September, 10.55 Uhr, arte. (Oder jederzeit hier).

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Das Schweigen der HirtInnen

Herrlich, schon wieder ein wirklich wichtiges Buch, das ich nicht selbst schreiben muss – denn Birgit Kelle hat´s längst geschrieben, und das so, dass ich wenig hinzuzufügen hätte: Dann mach doch die Bluse zu ist ein längst überfälliger „Aufschrei gegen den Gleichheitswahn“ – und beruhigend obendrein, denn ich weiß endlich und ausnahmsweise beruhigt, dass ich komplett „Mainstream“ bin (auch wenn dieser Mainstream unterirdisch verläuft und von oben sauber betongedeckelt ist). Allenfalls sind Kelle und yours truly nicht komplett gleicher Meinung, wer denn nun endlich die seit Jahrzehnten durchgeknallten und jüngst über sämtliche Ziele hinausschießenden „Feministinnen“ zur Räson bringen muss, denn IMHO wäre das Aufgabe der 75% schweigender Mehrheitsfrauen, die bislang der Truppe von Schwarzer bis von der Leyen bloß im Wegdrehen einen gepflegten Scheibenwischer gezeigt haben – und sich ansonsten um die wirklich wichtigen Dinge kümmern, also Partnerschaft, Familie, Kinder und Zukunft statt Selbstverwirklichung qua Zettelsortieren im Allianz-Großraumbüro. Wenn Birgit Kelle sich (und uns) fragt, wo eigentlich die „richtigen Männer“ sind in dieser Diskussion, kann mann nur „siehe oben“ antworten: Wir haben einfach keine Zeit zum Talkshow-Hopping oder leitartikeln, denn wir sind Haupternährer von Frauen und Kindern, eben weil Kinder am besten primär bei ihren Müttern aufgehoben sind, jedenfalls in den Jahren bis zum Schulbeginn. Sieht auch „Männe“ das so konservativ wie die Kindsmutter, muss Männe ganz schön arbeiten. Denn die Mutter kriegt ja nichts, herrscht doch gesellschaftlicher Konsens, dass 1.200 Euro pro Monat für die Bereitstellung jedes Kita-Platzes ab dem 12ten Kinderlebensmonat erwünscht sind, allerdings nicht eine Erhöhung irgendwelcher Kindergelder, denn das liefe ja am Ende auf eine, ha, „Herdprämie!“ hinaus oder auch ganz unerhörte Anerkennung des „Mutterseins“. Und wer könnte so was komplett nutzloses, Rückständiges wollen?

Na ja. Zum Beispiel 75% der Erwachsenen in diesem Land. Aber das sind ja auch nur die, die Kinder haben oder welche wollen und/oder auch für die Kinder da sein wollen – oder sich wenigstens erinnern, an ihre eigene Kindheit. Oder bloß Herz und Hirn an der richtigen Stelle haben. Davon ist bei Uschi und Co nicht auszugehen, auch wenn Uschi leicht andere Motive für ihren Familienzerstörungskurs hat als Alice. Dankenswerterweise macht Kelle nicht den Fehler, RossIn und ReiterIn die dem Feminismus als „Alleinstellungsmerkmal“ (Lassahn) immanente Feindseligkeit gegenüber Mann, Mutter, Kind und Famlie permanent um die Ohren zu dreschen, sondern bleibt sachlich, sprich: entwickelt ihre Position stringent und fundiert, so dass am Ende bloß noch Konsens stehen bleiben kann. Ob das was nützt? Vermutlich müssen wir demnächst doch mal auf die Straße gehen, damit nicht unsere Kinder demnächst alle Verträge aufkündigen. Kann doch keiner wollen, dass sämtliche leitartikelnden Schulhofschlägerinnen im Alter mittellos in der Gosse landen.

Wer´s gern deutlicher hat, also literarischer und zugleich mutiger im Sinne von „Ja, dann lehn ich mich halt zu weit aus dem Fenster und stürze aus dem dritten Stock ab, aber einer muss es ja machen!“, der greife zu Bernhard Lassahns Geschlechterkriegsberichterstattungen (siehe unten). Lassahns Ton ist deutlicher schärfer als der Kelles, die Stringenz geht manchmal fröhlich flöten, aber dafür hat Lassahn schönere fiese Aphorismen.

P.S.: im Sinne Lassahns gefragt – Stehen die Bewerberinnen für die 30% Quotenarbeitsplätze in Schlachthäusern und der stahlverarbeitenden Industrie eigentlich schon Schlange?

Birgit Kelle – Dann mach doch die Bluse zu: Ein Aufschrei gegen den Gleichstellungswahn, Adeo 2013, 220 Seiten, 17.99 €
Bernhard LassahnFrau ohne Welt (Edition Sonderwege 2013, 168 S., 14.99 €)
Bernhard LassahnDie Ehe stirbt an vergiftetem Obstsalat und die Kinder bringt der Klapperstorch: Ein Brief zur Lage der Liebe (Edition Sonderwege 2013, 48 S., 4.99 €)
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Helden, die die Welt nicht braucht

RTL verspricht für Donnerstag, den 3. Oktober, ein totales Drama. Titel: Helden – wenn dein Land dich braucht. Hochkarätig besetzt mit lauter deutschen Oscar-Stars (Hannes Jaenicke, Christine Neubauer, Armin Rohde) und offenbar gut beraten von eben jenen hochbezahlten Script Doctors, die uns in der Vergangenheit schon mit Filmen wie Pirates of the Caribbean 3, Catwoman und Angriff der Killertomaten so viel Freude bereitet haben. Die RTL-Ankündigung des dramatischen Plots lässt jedenfalls vermuten, dass mindestens 81 Millionen Deutsche begeistert zuschauen werden, geht es doch im Kern (sic) um ein wissenschaftlich fundiertes Horrorszenario. Eines, das sicher etliche Autoren (und nicht nur ich) zirka 2007 an die Sender herangetragen hatten, als in Genf der neue Hadronencollider in Betrieb genommen wurde und man durchaus mal thrillernd drauflosspinnen durfte, was denn passieren könnte, wenn die Wissenschaftler aus Versehen beinahe ein schwarze Loch erzeugten. Das „beinahe“ war uns dabei allerdings wichtig, denn erzeugten die Forscher tatsächtlich eins, läg´s ja zwingend und unaufhaltsam in der Natur des schwarzen Loches, die Erde einfach auf Erbsengröße zu verdichten und zu verschlucken. Und so was wäre ja doch ein bißchen öde, als Film.

Um solchen korrekten Quark scheren sich die Firma Dreamtool und RTL allerdings nicht die Bohne. Deren Genfer Forscher schaffen ein schwarzes Loch. Dadurch ergeben sich total fiese „Gravitationsveränderungen“, weshalb ganz viel Zeug vom Himmel fällt, natürlich alles voll in den Reichstag. Während im Genfer Hadronenkeller Heikko Deutschmann das schwarze Loch einsperrt, die dicke Eisentür ganz, ganz fest zudrückt und so die Menschheit erstmal rettet, stürzt Bundeskanzler Lauterbach nicht mit dem Flugzeug ab, dafür aber viele Touristen auf dem Weg nach Malle („Gemein!“). Die natürlich eben frisch gefeuerte Wissenschaftler-Heldin (Kassandra Paul) sagt nun voraus, dass das böse Loch hinter der Eisentür als Nächstes die Erde fressen … nein, dass es eine EMP-Welle entstehen lassen wird! Wieso? Egal! Hauptsache: EMP macht alle Elektronik kaputt! („Wie, auch mein neues iPhone! Gemein!“) Außerdem! verschiebt das Loch die Kontinentalplatten! („Wie, auch meine Original-Modern-Talking-Singles! Och, nö!“) Das bedeutet: Chaos. Kein Strom, explodierende Gasleitungen, und Joey´s Pizzadienst kommt auch nicht mehr durch! Kurz: Der Weltuntergang droht, Armaggeddon winkt, es ist zwei vor Zwölf!

Das schwarze Loch rüttelt unterdessen weiter mit beiden Händen an der bösen Eisentür und hat sich sogar schon eine Feile gebastelt. Wenn das Ding da rauskommt, dann ist alles vorbei! Eine eilig einberufene G8-Konferenz beschließt, das Loch einfach volle Möhre in die Luft zu jagen, sprich Genf atomar zu sprengen. („Ja, das ist die gerechte Strafe, das sind doch eh alles Verbrecher, diese Banken!“) – aber die geniale Wissenschaftlerin hat noch eine viel bessere Idee: „Wir schalten den Teilchenbeschleuniger einfach ab! Da muss es doch einen Sicherungskasten geben! Los, Leute, auf die Pferde, nach Genf!“

Ich kann nicht mehr. RTL, übernehmen Sie: „Gelingt es, das außer Kontrolle geratene Projekt zu stoppen und die Menschen zu retten? Das sehen Sie am Donnerstag den 3. Oktober um 20.15 Uhr bei RTL.“

P.S.: Yvonne Catterfeld spielt Andrea Weber, die Leiterin des Collider-Betriebskindergartens: „Und, liebe Eltern, liebe Hirnamputierte, das müssen wir doch alle sagen: Eine schöne Geschichte haben die Dreijährigen sich da ausgedacht.“

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Tücken des Hoffnungstragens (Quintessenzen #2)

„Logisch! Du hast doch ne Mission“, wie meine Freundin A. unlängst knattertrocken konstatierte, als ich sie und mich fragte, ob ich das denn wirklich müsse, so: rausehen, zugfahren, fliegen, öffentlich sein. Logisch. Stimmt ja auch. Die wunderbaren Briefe und Mails, die ich in letzter Zeit erhalte, machen mich froh und dankbar, offenbar stehen in den Quintessenzen tatsächlich eine Menge Worte, die Hoffnung machen. Mein Anteil daran ist gering, ich hab ja nur aufgeschrieben und verdichtet, was wir Unterblichen (= wir alle) sowieso wissen (und nur vergessen haben/hatten, temporär); dass ich Menschen an dieses wesentliche Wissen erinnern kann, ist ein Geschenk. Vor allem für mich, denn ich bin gern nützlich.

Leider geht bei der Verdichtung der Berichterstatter fast alles Wesentliche unter, aus gut nachvollziehbaren Gründen: Ich betrachte es als Wunder und kosmisch begünstigten Erfolg, dass ich nicht gestorben bin, trotz der finsteren Prognose Ende 2007, trotz des Krankheitsverlaufs bis dahin, trotz der schwierigen Jahre zurück „ins Licht“ von 2008 bis Ende 2009. Und unterschreibe mit dickem Edding, dass Multiple Sklerose nicht unheilbar ist. Dass wir selbst großen Einfluß auf unsere Gesundheit haben – und unsere Heilung. Aber „Heilung“ zu verkürzen auf „Der war fast tot und nun ist er wieder topfit“, das ist eben zu kurz gedacht, zu sehr BILD-Schlagzeile und Talkshow-Taufbalken – und deshalb gefährlich, denn so rutscht dann die „Mission“ doch arg ins Kitschige, schlimmstenfalls Verlogene, geht es doch gerade darum, auch mit gewissen Einschränkungen den Geist (sic) nicht aufzugeben und aus allem gelassen das Beste zu machen. Mit Humor. Im Wissen, dass wir, selbst wenn wir sterben, nicht verloren gehen (wohin sollten wir?)

Manchmal stelle ich mir vor, ich wäre das, was in der Zeitung steht: Einst tot – jetzt topfit! Manchmal stelle ich mir vor, die Welt wäre aus Marzipan. Vergeht aber beides schnell wieder. Und so muss ich weiter bedauernd absagen, von Stuttgart bis Berlin, von Hörfunk bis Fernseh, denn das Kleingedruckte ist in mein Rückenmark graviert: Hoffnungsträger hin, Mission her, der Mann muss ein bisschen auf sich achten.

Eure Mails und Briefe beantworte ich aber weiter gern. Den Weg an den Schreibtisch schaffe ich ja auch mitten in der unvermeidlichen Herbstangeschlagenheit: problemlos.

P.S.: Btw., „Bildungsjuwel“ ist wirklich ein schönes Kompliment, D-Radio.

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Aus anderen Ländern frisch auf den Schirm

Gute Freunde sagen einem ja auch mal auf den Kopf zu, dass man z. B. irrelevantes Zeug redet oder schreibt. Ich mag meine guten Freude also weiterhin, auch und gerade wenn sie mich auffordern, endlich das bloggende „Künstlerdämmerungs“-Quengeln einzustellen. Denn selbst wenn „wir“ (= Deutschen) keine guten Serien können, auch weil unsere öffentlich-rechtlichen Sender das ganze Gebührengeld nur noch für Pensionäre bunkern, gibt es keinen Grund zur Klage. Außer für uns paar zunehmend unbezahlte Autoren, die gern zeitgemäßes Fernsehen machen würden und das sogar können. Resp. könnten. Aber dem Publikum und jedem Nicht-TV-Autor (also 81 Millionen minus zirka 400 Leute) kann das nun wahrlich komplett wurscht sein (erst recht dem polyglotten Teil des Publikums), denn dann exzellenten Serien herrscht ja absolut kein Mangel. So beende ich also das Nörgeln aus dem Nähkästchen, versprochen, weise aber dennoch sporadisch geheimtippend von Zuschauer zu Zuschauer auf Formate hin, die mir positiv untergekommen sind.

Zum Beispiel: Utopia. Die Kurzbeschreibung dürfte lauten „Donnie Darko trifft Neo in No Country for old men“, dazu werfe man eine größere Prise relevante Verschwörungstheorie – und fertig ist eine wirklich schicke 6-teilige erste Serienstaffel. Die Macher (created and written by Dennis Kelly) reizen unsere gestalterischen resp. videotechnischen Möglichkeiten aus, ihre dramaturgischen sowieso, und so kommt man in den Genuß von einer zwar wilden und FSK-18-gewalttätigen, aber auch verdammt stylishen und farblich satten Story. Inhaltlich nichts für Freunde von Tatort und CSI-Bergdoktor, denn es geht um fiese Wahrheiten in phantastischem Gewand – nämlich eine „Graphic Novel“, deren Schöpfer leider zu viel wußte über alltägliche Verschwörungen, insbesondere über die der Pharmaindustrie inklusive erfundener SARS-Vogelschweinegrippen sowie die traurige Rolle der Weltgesundheitsorganisation beim Pandemie-Panikmachen zum Nutzen der Impfstoffhersteller. Als Doku garantiert unsendbar, als Thriller mit phantastischen Elementen genau das richtige für Channel 4 – und schon freut sich der wache Konsument. (Nein, es gibt keine deutsche Fassung, wozu auch?)

Zum Beispiel: Spartacus. Blut ist zwar nicht „so meins“, aber übersteht man die ersten paar Episoden, ohne sich zu übergeben, gerät das ganze tatsächlich zu Shakespeare-2.0. Wer das zu früh eingestellte HBO-Format Rome mochte (wie ich), wird auch den Spartacus-Sex-Intrigen-Blut-Sumpf lieben. (Soweit ich weiß, strahlt sogar irgendein deutscher Sender grad die zweite Staffel aus).

Zum Beispiel: Banshee: Small Town, Big Secrets. HBO. FSK 18. 10 Folgen, grundsolide horizontale Dramaturgie, perfekt für´s „Binge-Watching“. Erinnert dezent an Justified (in Deutschland gefloppt, weil prima), ist allerdings noch etwas gewalttätiger, nackter und krimineller. Der Protagonist erschleicht sich nach 15 Jahren Knast und schwerem Trauma ausgerechnet einen Sheriff-Posten – in eben jenem Kaff, in dem sich seine Ex-Partnerin in einem bürgerlichen Leben versteckt (Mann und Kinder inklusive). Sie spielt unserem traurig-wilden Knackisheriff gegenüber falsch, logisch, obwohl sie ihn immer noch liebt; die angeblich direkt nach dem damaligen Bruch verschwundenen Diamanten befinden sich immer noch in ihrem Besitz, gesucht werden sie und der neue Sheriff vom damaligen Ex-Auftraggeber, einem wahrlich finsteren Typen, der überdies der Vater der falsch spielenden Diebin ist. Nun werfe man noch ein paar Mormonen mit Hormonen (bzw. pubertierenden Töchtern) in den Topf und dazu einen verstoßenen Mormonensohn (exzellent: Ulrich Thomsen), der nicht nur den Schlachthof betreibt, sondern auch das ganze Kaff inklusive der zuständigen Gerichte beherrscht, notfalls mit Motorsäge, und schon ahnt man, was so ein seelisch verletzter, zum Jähzorn neigender, aber früher mal grundguter Sheriff da alles anrichten kann. Schön ist das nicht. Aber immer eine unmoralische Gratwanderung. Und hochspannend.

Zum Beispiel: Real Humans. Schwedisch, 10 Teile. Wird (oder wurde?) in Deutschland gezeigt, von arte, weil´s vergleichsweise öde ist (wenn auch besser als alles, was wir produzieren). Die Grundidee ist gut (near future, wohlhabende Menschen besitzen menschenähnliche Androiden, einige von denen hauen vor der turnusmäßigen Löschung ab und üben Untergrund), die schauspielerischen Leistungen sind ebenfalls ansehnlich, nur die Dramaturgie ist ein bißchen arg banal. Wer´s ruhig und gediegen mag (Prädikat: besonders wertvoll) und gern auch mal vor dem Schirm einschläft, liegt hier aber genau richtig.

Zum Beispiel: An Idiot abroad. Karl Pilkington, Freund von Ricky Gervais und Steve Merchant, ist Stubenhocker und Reisefeind und wird von Ricky auf große Fahrten geschickt – ausdrücklich mit dem Ziel, Karl leiden zu sehen. Was dann auch geschieht, denn Pilkington ist überall falsch. Das Format (2 Staffeln je 6 Folgen) ist im besten Sinn ruppig und ganz und gar undeutsch. Bei uns geht bestenfalls Harro Füllgrabe, der tut niemand weh, nicht mal sich selbst. Meines Wissens zeigt kein deutscher Sender An Idiot abroad, aber meines Wissens wurden auch Gervais´/Merchants brillante Extras nirgendwo gezeigt. Lief The Office eigentlich? Nein? Weil man sonst Stromberg keinen Grimme-Preis hätte schenken können? Wohl wahr.

Zum Beispiel: The Untold History of the United States. An dieser Stelle bereits gelegentlich empfohlen, hatte ich das Ganze vor vier Wochen auch dem ZDF aufgedrängt (denn wozu kenne ich all diese großartig netten Damen aus der Zeitgeschichte-Redaktion)? Leider waren wir ein bißchen zu spät dran für die öffentlich-rechtliche Prime Time, denn n-tv war schneller. Oliver Stones 10 exzellente Dokumentarfilme laufen also ab 30. September jeweils montags um 20 Uhr auf dem falschen Sender, aber der richtige hat ja auch kein Geld für so was, aus den ganz oben genannten Gründen. Dem geneigten Zuschauer soll´s indes wurscht sein (und bei einer Doku kann man in Sachen Synchronisation ja auch nicht sooo viel falsch machen …)

P.S.: Und, ja, natürlich muss man House of Cards gesehen haben. Aber das ist ungefähr so ein Geheimtipp wie „esst jeden Tag Obst“.

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Noch kürzer

Weiterhin nicht auf meiner Wunschliste steht das bestimmt lehrreiche Fachbuch Fatigue bei Multipler Sklerose: Grundlagen, Klinik, Diagnostik, Therapie aber das auch nur, weil ich den Namen der Autorin so clever gewählt finde, dass ich schon beim Gedanken daran sofort lachend aufwache. Drum: Danke, Dr. phil. Dipl.-Psych. Iris-Katharina Penner.

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