Quintessenzen (#1)

Bei Interesse: Das ganze BR2-Interview (Eins zu Eins mit Norbert Joa) gibt´s hier zum Anhören sowie (als mp3-Download) hier.

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Nicht erpressbar (weil längst erpresst)

Sascha Adameks frisches Buch Die Machtmaschine lohnt aus gleich mindestens 2 Gründen die Lektüre: zum einen ist es bei aller Sachlichkeit durchaus unterhaltend geschrieben und wirft etwas mehr Licht auf die DSK-Affäre, Köhlers Rücktritt und andere bedeutende Kleinigkeiten des Politbetriebs (auch wenn Betty Wulff und ihr Ex wie üblich zu viel Platz einnehmen), zum anderen aber lädt es im Zwielicht der NSA-PRISMereien zum flotten Zuendedenken ein – denn Adamek konstatiert ja ganz korrekt, dass der spannendste Teil aller Machtspiele eben jener ist, denn wir Sofakartoffeln nicht zu Gesicht und Gehör bekommen: „Die da oben“ oder auf dem Weg dorthin wissen viel voneinander, behalten dieses Wissen aber in der Regel für sich (respektive unter sich, BILD und Spiegel inklusive), sofern es nicht opportun erscheint, Leute wie Köhler oder DSK aus dem Verkehr zu ziehen (sic, meinetwegen). Was das mit PRISM zu tun hat? Na, vorsichtig formuliert: Ob die NSA nun von uns Normalkoffern weiß, welche Bücher wir lesen oder welche Pornos wir herunterladen, ist – vulgo – komplett latte, da wir ja nicht nach Macht streben, nichts besitzen und daher auch vor nichts Angst haben müssen. Nur: Wenn wir jetzt endlich mal Russell Tice zuhören (Links bei Mathias Bröckers), kommen wir kaum mehr um die vollständig beunruhigende Schlussfolgerung herum, dass unsere seit 2002 kollektiv und komplett abgehörten und gespeicherten Richter, Generäle, Gewählten und Mächtigen sämtlich nicht nur erpressbar sind, sondern längst erpresst. (Alle Aufrufe en die „vierte Gewalt“, sich dieses Sachverhalts anzunehmen, dürften allerdings daran scheitern, dass unsere Presse seit Jahrzehnten willigst mitspielt.)

So lesen wir also mild amüsiert Adamek und trösten uns gefälligst damit, dass es fast allen anderen sogar noch schlechter geht als uns. Immerhin schießt uns der (seit 2004 komplett abgehörte, gespeicherte und garantiert nicht mehr erpressbare) US-Präsident keine Drohnen in die Hochzeitstorten und sperrt uns auch nicht prozesslos für immer auf einem Karibikfelsen ein, also wollen wir mal nicht meckern über unser neofeudales Los. Und Macht – hey, das sind nicht direkt breaking news -, Macht gab´s Zeit unserer aufrechtgehenden Geschichte nie für lau, sondern von Anbeginn nur im Tausch gegen Anstand und Seele.

Sascha Adamek – Die Machtmaschine: Sex, Lügen und Politik (Heyne 2013, 352 S. 19.99 €)
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Bradley Manning kriegt Dauerbesuch in der Terrorzelle

Tapfer. Oder irre. Oder irre tapfer. Sofern Edward Snowden nicht lügt, war er derjenige, der uns allen freundlicherweise verraten hat, was die NSA so alles anzapft und sammelt (-> Washington Post). Dafür müsste man Snowden loben und ihm gegebenenfalls ein Denkmal setzen, aber da wir in imperialen Zeiten leben, werden wir, das vertretene Weltvolk, ihm als Belohnung lediglich lebenslang Brot und Wasser anbieten, letzteres vermutlich auch in größeren Mengen in Richtung abwärts hängender Nase und Mund.

Asyl? „In einem Land, das“, wie Snowdon selbst aus Hongkong verlauten lässt „an die freie Meinungsäußerung glaubt und sich der Opferung globaler Freiheitsrechte entgegenstellt“? Wow. Wer soll das denn sein, oder: welches, wenn schon nicht das Land of the free? Kuba? Die Caymans? Lummerland? Und, hallo? Hongkong? Da braucht´s doch nicht mal erfundene Schwedenmädchen für eine Auslieferung …

Immerhin, die US-Geheimdienste, die alljährlich einen größeren Batzen des 700-Milliarden-Dollar-US-Verteidigungsbudgets verbraten, sind verärgert – und hauen durch die Blume der sammelverrückten NSA auf die Glocke, wegen ihrer heillosen Einstellungspraxis. Stellvertretend John Rizzo, Ex-CIA-Mitarbeiter: „Dass der sich auch noch selber outet … mir ist kein einziger Fall eines CIA-Agenten bekannt, wo der Agent selbst die Hand hebt und sagt „Ich war´s“.“

Siehste, NSA. Da kannste noch was lernen übers Leak-Stopfen unter dem Radar, mit reichlich Blei. Aber im Fall Snowdon bleibt dir, nachdem das Kind im Brunnen liegt, nun nur noch Waterboarding und am Ende die Vermeldung eines überraschenden Selbstmordes.

Wie, wir müssten für die Freiheitsrechte aufstehen und Snowdon Asyl gewähren? Ja, sicher. Müssten wir. Aber doch nicht einem, der unsere Bündnispartnergeheimnisse ausplaudert und dann auch noch dazu steht. Wo kämen wir denn da hin, am Ende? Das wär ja regelrecht grundgesetzlich, und hey, jetzt lassen wir doch bitte mal die Kirche im globalen Dorf.

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Kleingedrucktes Kismet, schallend widerhallend

Th. Hör mal, Schicksal, du hast doch echt einen an der Waffel, und zwar big time. Da schließt man als verantwortungsbewusster Vater eine Risikolebensversicherung ab, damit die Kinder im Ablebensfall des Alleinversorgers wenigstens bis zum 18ten Geburtstag genug Geld haben, um dem Vormund nicht auf der Tasche zu liegen, zahlt artig und weiß trotz zwischendurch jahrelang übelst verlaufender MS: Ich bin ja wenigstens tot noch zu was nütze! Du, Schicksal, Ratte, kannst doch aber nicht ernsthaft verlangen, dass ich dran denke, dass diese Versicherung nur bis 2013 läuft (weil nämlich 2013 den Abschluß des 20stens Lebensjahrs von Tochter 1 markiert, also des Urgrundes für den Versicherungsabschluss); und schon gar nicht kannst du verlangen, dass ich beim gesegneten Eintreffen von Tochter 2 und Tochter 3 neben der jeweiligen Anpassung der „Bezugsberechtigten im Todesfall“ auch noch dran denke, dass diese Scheißversicherung auf 20 Jahre befristet ist.

Und jetzt? Ja, jetzt hast du die Lacher natürlich auf deiner Seite. Da hätte ich schon rechtzeitig das Weite suchen müssen, also in den finsteren ruinierten Jahren zwischen 2006 und 2009, ohne Arme, ohne Kekse; da hätt´s nämlich gestimmt, das „tot bin ich mehr wert als lebendig!“

Aber jetzt? Du versaust einem aber auch wirklich jede Pointe.

Einen 48jährigen für 10 Jahre versichern? Bis zum 20sten der Jüngsten (2022)? Nur für den Todesfall (nicht für den Behinderungsfall, Himmel, nein, oder Berufsunfähigkeitsfall oder solchen Quark) Ja. Kein Problem. Kostet so bummelig 800 im Jahr. Und wenn der ne Krankheit hat, die statistisch gesehen das Leben nicht verkürzt …?

(Lachen vom Band, ausgiebigst, nicht enden wollend.)

Stimmt aber gar nicht ganz. Die nette Mitarbeiterin des angefragten Versorgungswerks hat gar nicht gelacht, sondern war selbst schockiert über die Klausel. Sie musste ja nachgucken. Und konnt´s gar nicht glauben. War aber sehr nett, die Frau. Wir haben einander ein sonniges weiteres Leben gewünscht. Unversichert. Jedenfalls einer von uns.

Das nächstgelegene Casino ist nur sechs Kilometer weit weg. Da komm ich sogar mit dem Fahrrad hin. Jetzt brauch ich nur noch irgendwas, ums auf Schwarz oder Rot zu setzen. Nehmen die auch Fahrräder?

P.S.: Ja, Andreas, und ja, Anke, ich schreib´s jetzt einfach auf und hin, das in euren Augen so mordsspannende Buch über MS und alle anderen „Autoimmunerkrankungen“, über Pharma, Ärzte, Ernährung, Gifte, Balance von Qi bis Gong und meine wundersame Heilung. Aber wehe, es beschwert sich dann nachher wieder jemand, dass es das nur für den „Kindle“ vom bösen, bösen amazon gibt.

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Geistiges Eigentum ist Diebstahl (Künstlerdämmerung #12)

Die verdammt lustige Sitcom Arrested Development (hierzulande nicht vermittelbar wegen Wachstumsstörung des Publikums) ist gestern in den USA via Netflix in die vierte Staffel gestartet und binnen der ersten 24 Stunden gleich 100.000mal geklaut worden – respektive kostenlos weitergegeben via Torrent-Sites. Das liest sich harmlos, verglichen mit der knappen Million Flashmob-Raubzüge gegen die dritte Staffel von Game of Thrones vor sechs Wochen, sollte dem einen oder anderen aber doch zu denken geben. Sogar dem einen oder anderen Kreativen. Denn üblicherweise erklärt man hohe Torrent-Raten damit, dass Programme von den über den Globus verstreuten Interessenten entweder gar nicht zu empfangen sind oder zu einem „gefühlt“ zu hohen Preis. Der allerdings beträgt für die ganze AD-Staffel im günstigsten Fall schlappe 7,99 US-Dollar (die normalen Preise für einzelne TV-Episoden betragen bei amazon oder iTunes meist 1.99). Wenn nun im Netflix-flächengedeckten Amiland bereits bei diesem Spott- und Kampfpreis aus zahlenden Zuschauern scharenweise Zaungäste werden, darf der heimische Kreative vorwärts schauen und schon mal vorsichtig antesten, ob bei den Eltern ab 2014, 15 vielleicht doch noch ein Zimmer frei wäre. Oder 1,99 Zimmer, weil ja auch die Schwiegertocher und die Enkel irgendwo bleiben wollen …

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Plan@B: 404

Ganz oben auf der alten Hutablage, inzwischen schwer verstaubt, findet sich das Thema „Klima“ – als reizlos aussortiert, verständlicherweise, weil wir a) von der Erderwärmung enttäuscht sind und b) gelangweilt. Wir nehmen daher allenfalls noch abwinkend zur Kenntnis, dass der zur Deckung unserer Ausgaben erforderliche Planet B weiterhin unauffindbar bleibt, verschieben die Lösung des Problems auf 2050, weil wir berechtigte Hoffnungen haben, den Abgabetermin nicht mehr zu erleben, und wünschen unseren Kindern alles gute. Vor allem gute Einfälle. (Mantra: „Wir hatten´s auch nicht leicht, nur die Harten kommen in den Garten, jeder hat sein Päckchen zu tragen – und nicht vergessen: Du sollst Vater und Mutter ehren, auch wenn die deine Lebensgrundlagen aufgegessen und abgefackelt haben, also: Contenance, du Rotzlöffel!“)

Wer aus schlichtem Interesse im Reich der Möglichkeiten spazieren gehen möchte, sei aber doch auf das Buch der Synergie hingewiesen, zusammengestellt und –gesammelt von „Datenscheich“ Achmed Khammas. Zu einigen der von mir selbst in „Prophezeiung“ nur angerissenen technologischen Möglichkeiten verweise ich gern auf Khammas´ gründliche Dokumentationen zu Wolkenschiffen, „NASP“ resp. Desertec und den schönsten Solar-Drehhäusern (unter denen sogar der kritische Edward Heller garantiert umzugsfündig würde). Die spannendsten Energiegewinnungsszenarien finden sich im Teil C des virtuellen Wälzers: wer noch Lust und Laune hat, sich eine gelungene Zukunft zu imaginieren, findet hier reichlich sonnige Horizonte und Navigationshilfen.

Dem Klima sei unterdessen ins Gästebuch geschrieben: Mit so ner Wetterperformance wie deiner auf der Nordhalbkugel machst du dir unter uns Entscheidern echt nur Feinde, Baby.

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Harry, hol schon mal den Panzer

Zwar fehlt in Harald Welzers Nichtwählerbekenntnis (im aktuellen Spiegel) der Gedanke, dass man seine Stimme ja auch für eine garantiert 5%-unfähige, aber ansonsten fähige demokratische Idee resp. Partei abgeben könnte, aber Welzer will ja auch nicht mitspielen, sondern stören. Vorbildlich. Ebenso vorbildlich wie des streitbaren Professors Bestseller „Selber Denken: Anleitung zum Widerstand“, denn der gehört als unbedingt lesenswichtiger Begleiter auf jeden gebildeten Nachttisch, enthält er doch haufenweise provozierende, zustimmungswürdige Sätze und ist den Kaufpreis dutzendfach wert. Ein Wermutstropfen fällt allerdings in die Buchstabensuppe, denn Welzer hat ja recht mit seiner Annahme („Welzers Theorem“), dass sich in jeder Gruppierung von 100 Menschen (ob nun 100 Frauen, 100 Männer, 100 Neurologen oder 100 Anstreicher) 20 Dumpfbacken befinden, 20 Schlaue und 60 Mittelmäßige. Von den Schlauen haben 10 sich entschieden, das beste aus der zeitnah fatalen Situation zu machen und ordentlich Geld zu verdienen, die verbleibenden 10 sind sich im Großen und Ganzen einig, dass es so nicht weitergeht mit unserer „alternativlosen“ spätkapitalistischen Arroganz. 3 dieser 10 halten sich sogar an Welzers 12 Regeln für erfolgreichen Widerstand.

Weshalb Welzer ganz recht hat, wenn er zum Nichtwählen aufruft – allerdings wird das, anders als er denkt, niemand stören, denn die 97% kommen bei der zügigen Weiterfahrt gegen die Betonmauer da vorn ganz gut allein zurecht und können beim Fahren sogar den ganzen Tag fernsehen, sie haben ja ein Navi mit Sprachausgabe „Mutti“. Um diese Karre zum Verlangsamen oder gar auf Überlebenskurs zu bringen, brauchte man daher keine Worte, sondern Abfangjäger und Panzer. Aber auch wenn Welzer selbst ganz genau weiß, dass wir schon längst keine demokratischen Verhältnisse mehr vorfinden, ruft er aus gutem Grund nur zu persönlichem Gutmenschentum auf, nicht zum Umsturz. Weiß man doch, was bei Letzterem herauskommt, denn wir Klugen haben ja allenfalls Führerscheine für Autos und Kleinkrafträder, nicht für schweres Gerät.

Wir konstatieren also: Es müsst’ was geschehen! Da müsst’ man was tun! Aber die Regeln 11 und 12 dabei nicht vergessen: „Wie Ihr Widerstand aussieht, hängt von Ihren Möglichkeiten ab – und von dem, was Ihnen Spaß macht.“

Ja, Spaß muss sowas schon machen, so ein Widerstand, so eine Revolution! Sonst kommen nicht mal die Klugen. Wir sind doch nicht blöd.

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