Zahlen, bitte (#4)

Huh? Oder auch: mit dickem Fragezeichen überm Kopf – übern Daumen:

11 Millionen Kinder bis 14

4 Millionen Jugendliche 14-18

2,5 Millionen Studenten

3 Millionen Arbeitslose

20 Millionen Rentner

4 Millionen Frührentner/Berufsunfähige

6 Millionen Hausfrauen/männer und Einkommenslose.

Das wären ja schon bummelig 50 Millionen, also muss ich mich in den ganz offiziellen Zahlen irgendwo verzählt haben, denn denen zufolge gibt´s ja außer den addierten 50 noch weitere 41 Millionen Erwerbstätige, und da wir nur 80 Millionen Einwohner haben … mei. Aber gut. Gehen wir von tatsächlich 40 Millionen Erwerbstätigen aus. Davon sind amtliche 21% Niedriglohnempfänger, also 8 Millionen, dazu werkeln weitere 3,3 im öffentlichen Dienst (und zahlen keine Sozialabgaben). Bleiben also knapp 29 Millionen Menschen, darunter (historischer Rekord) 1,2 Millionen freiwillig oder unfreiwillig Selbständige, die ebenfalls nicht zwingend in Kranken- und Rentenkassen einzahlen. Bleiben also trotzdem etwa höchstens 28 Millionen Menschen, die – je nach Lesart – 50 oder 60 Millionen mittragen.

Bei leeren Kassen und hoher Staatsschuldenlast bedeutet das: Jeder einzelne dieser 28 Millionen teilt sein Einkommen mit 2 anderen, und genau deshalb behalten wir von unserem Bruttolohn nur 1/3 behalten resp. zahlen alle, durch die Bank, 70% Steuern und Abgaben.

Wo steckt mein Rechenfehler?

(Tipp: Nirgendwo. Neben der Einkommensteuer auch an die Mehrwert-öko-solidaritäts-benzin-spirituosen-glückspiel-tabak-etc-steuern denken und an die Neuverschuldung, dann passt´s schon.)

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Schotty …

… ist wieder da und knüpft nahtlos dort an, wo er den Feudel hat fallen lassen. Und der NDR war heute so nett, die Preview der ersten neuen Tatortreiniger-Folge herauszurücken. Enjoy.

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Warrior, unter Wert geschlagen

Die Spitzenfilme des abgelaufenen Jahres waren laut IMDB-Crowd The Dark Knight Rises, The Avengers, The Hunger Games und Prometheus. Recht hat der Schwarm, fraglos, dass alle vier mordsmäßig gelungen waren und hohen Unterhaltungswert bieten, dennoch rate ich zum Jahresausklang zur ergänzenden Ansicht meines letztjährigen Hollywood-Arthaus-Favoriten, nämlich: Warrior.

Huh? Zu viele Sportfilme geguckt*? Verrückt geworden? Möglich. Aber in meinen Augen ist Warrior kein Sportfilm, ebenso wenig wie Million Dollar Baby einer war, womit sich Warrior, wenn schon, am ehesten vergleichen lässt. Richtig ist, dass hier gehauen wird, und das nicht zu knapp, aber all die schrecklich gut gemachten Mixed-Martial-Arts-Kämpfe dienen lediglich als passender Hintergrund für ein großes und wunderbar erzähltes Bruderdrama, Vater-und-Söhne-Drama, Existenzdrama. Es geht, kürzer gesagt, nicht ums Gewinnen, sondern ums Verlieren. Also um Schmerz. Weshalb schon wieder der Hintergrund nicht passender gewählt sein könnte. Ach, kürzestmöglich: großes Thema, großes Buch (Gavin O´Connor & Anthony Tambakis), große Regie (O´Connor), großartige Schauspieler (Hardy, Edgarton, Nolte): große Kunst.

* Zugegeben, Unmengen. Weil ich nicht richtig gepolt bin für die Feierabendtaktik „Herr Kommissar, lösen Sie noch mal eben stellvertretend für mein Leben einen Fall“ und auch nicht permanent für „Comic Relief“ zu haben. Wer also z. B. noch immer bei Erwähnung von „Camp Nou“ leidet oder mit großer Vorfreude Woche für Woche der Fortsetzung des Echtzeit-Dramas um die 49ers und ihren jungen QB Colin K. entgegenfiebert, der schaut sich halt auch gern gut gemachte Heldengeschichten an, am besten solche, die ihre Wurzeln im Leben haben. Und wer so geneigt ist, der hat spezielle Freude an Filmen wie z. B. Invincible, Miracle und Moneyball. Verirrt der Geneigte sich obendrein noch in die Dokus Closer To The Edge oder Senna, kommt er vermutlich zusätzlich ins Grübeln über den Sinn seines eigenen Tuns und Treibens zwischen 9 und 5 und stirbt danach schlimmstenfalls für seine wahre Leidenschaft. Eingedenk der Tatsache, dass „Sterben“ dramaturgisch eh gesetzt ist: Es gibt schlechtere Todesarten, zum Beispiel die meisten anderen.

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Wahrheit und sehender Fleck

„Es nützt einem gar nichts, dass man versteht, dass es nicht so ist, wie die meisten glauben, weil die Tatsache, dass es die meisten glauben, eine unglaubliche Kraft entfaltet.“ (Franz-Josef Radermacher, Vortrag: Umwelt schafft Wissen)

Eben. Oder auch: Wahr ist, was wahr genommen wird. Ergänzend darf hier aber George Lakoff zu Wort kommen, respektive dürfen´s die von ihm zitierten Spin Dotors mit ihrer Erklärung für den Irak-Einmarsch (sowie alles andere): „Ihr wollt immer die Wahrheit wissen über eine Realität. Während ihr nach der Wahrheit sucht, kreieren wir eine neue Realität. Wenn ihr dann in der neuen Realität wieder eine Wahrheit sucht, kreieren wir wieder eine neue Realität. Wir wollen gar nicht die Realität verstehen, wir wollen unsere Realität erzeugen.“

Weshalb die gute alte Heuschrecke George S. zurecht konstatiert, der Fortbestand unserer offenen Gesellschaft entscheide sich an genau dieser Frage: Ob wir weiter nach Wahrheit streben – oder eben nicht. Wozu wiederum der längst unterirdisch rotierende Gründervater Thomas Jefferson klare Vorstellungen und passende Worte hatte, nämlich diese: „I was bold in the pursuit of knowledge, never fearing to follow truth and reason to whatever reason and whatever results they led, and bearding every authority which stood in their way.“

Lange her.

Wo nun allerdings eifrige Spin Doctors allein zuständig sind für Wahrnehmung, Realitätserzeugung und politisches Entscheiden, brauchte es erst umso dringender Die vierte Macht als Gegengewicht, sprich Presse und Journalismus. Das weiß auch und gerade Dirk C. Fleck, grundsätzlich alarmierter Journalist und Öko-Romanautor, und hat daher ausgewählte Vertreter der berichtenden Zunft in seinem gleichnamigen Buch zu Wort kommen lassen – von Diekmann bis di Lorenzo, von Schirrmacher bis Unfried. Ausführlich. Freundlich. Und erschütternd, unterm Strich. Denn bis auf wenige Ausnahmen verschanzen die Kollegen sich souverän in der Höhe – hinter Sachzwängen und Pseudo-Ethos: Journalisten müssen den Markt bedienen. Und keine Meinung machen. Geschweige denn die Gesellschaft verbessern wollen.

Wir müssen uns wirklich keine Sorgen mehr machen.

Sondern lesen mit Freude die komplett investigative Entwarnung des Spectator: Why 2012 was the best year ever! (sowie wenigstens einen Teil der über 1000 Kommentare unten drunter), und hoffen auf immer eine Handbreit Schampus unterm Kiel, erst recht im Wassermannzeitalter.

Dirk C. Fleck: Die Vierte Macht Spitzenjournalisten zu ihrer Verantwortung in Krisenzeiten (Hoffmann & Campe 2012, 320 S., 22.99 €); Das Tahiti-Projekt (Piper 2010, 352 S., 8.95 €)
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Hobbypiratenversenken

Das hier, bei „Jimdo“ …

„Ich habe hier ein Projekt!! Ich will hier ebooks hochladen mehr als 20000+ stück mom habe ich ca. 500 schon drauf . welche ebooks ich hochlade: Es werden aller art  geben von Comics, Fachzeitschriften, Handbücher, Romane aller Art, Kochbücher, Bildung uns so weiter also es wird keine grenzen dabei geben also habt einbisschen geduld…. ich kann mom ca. 500 ebooks pro Tag hochladen also wird es schon einpaar tage dauern 😛 Die sind alle kostenlos!!!“

… fand meine junge Autorenkollegin F. eine „Unart“ und fragte sich und mich, ob man das nicht vielleicht, mal „melden“ sollen dürfe, nämlich den betroffenen Verlagen. Unbedingt. Haben wir gemacht, wir fiesen Petzen.

Aber durchsetzen wird die sich, die Unart, wenn auch vermutlich weniger dummdreist. Denn Autoren sind – in den heimlichen Augen der meisten Leser – ja nun weiß Gott und Käpt´n Hook nicht schützenwert; Autoren müssen – im Gegensatz zu Lesern -, nicht arbeiten gehen, sondern können den ganzen Tag zu Hause bleiben und sich ausdenken, was sie wollen. Und dafür wollen die auch noch Geld? Is ja der Gipfel!

„The odds are against us, my friend, as always. What are you gonna do, get a real job?“ (Charlie Runkel zu Hank Moody, Californication)

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2,1 Millionen auspufftote Asiaten

… so die Schlußzählung der Wissenschaft für 2010. Das ist allerdings keine allzu große Meldung, weil die 2,1 Millionen ja nicht alle am gleichen Tag gestorben sind, sondern nur im gleichen Jahr; Meldungen sind halt indische Zugunglücke oder vice versa, nicht die schwer faßbaren Großkatastrophen.

Weltweit sind´s übrigens 3,1 Millionen Nahverkehrabgasleichen, damit hat diese besondere Art des Dimensionswechsels die Top 10 der „Killerkrankheiten“ erreicht – nach rasantem Chartaufstieg, denn 2000 dümpelte Auspufftot mit 800.000 Hits noch unter ferner husteten. Geht uns aber eigentlich sowieso nix an. Ist ja in Asien. Weit weg, deren dicke Luft, und Exportversuche bleiben spätestens am EU-Südrand sowieso in den Zollschranken hängen.

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Zahlen, bitte (#3)

SFX (O.S.): leises Gebetsmühlenquietschen.

MANTRA (leiernd):

Nein, wir können die Kernkraftwerke nicht am Netz lassen*, aber, nein, wir können auch nicht statt dessen weiter Kohle verfeuern und das Co2 einfach so in die Atmosphäre jagen und nein, wir können es auch nicht in der Erde versenken, aber ja, doch, wir können trotzdem alles lösen, indem wir das Co2 wieder einfangen, und zwar mit vielen neuen Bäumen, denn die machen das gern und freiwillig, weil es in ihrer Natur liegt. Und ja, das kostet ein bißchen Geld, aber nicht viel, und wenn ihr schon sonst nichts für eure Kinder übrig habt, dann doch bitte wenigstens diese schäbigen paar Euro im Monat.

EINBLENDUNG: Prima Klima weltweit. Link. Hier. Nicht überblättern (sic).

Der Rest sind ein paar Flüge mehr, First Class, diesmal nach Doha (Rückflüge am 7. 12), das Ergebnis steht im großen und ganzen vorher fest, denn aller schönen Worte zum Trotz verringern wir den Ausstoß an Treibhausgasen nicht, sondern erhöhen ihn Jahr für Jahr immer weiter. Der New Scientist hat das jüngst sehr schön und brechreizerregend sachlich zusammennotiert: Seven Reasons Why climate change is worse than we thought, Bill McKibben hatte es kurz vorher schon in leicht anderer Farbe schwarzgemalt, und zwar vielbeachtet für den Rolling Stone: Global Warming’s Terrifying New Math.

Dazu der Kurznewsticker: Umfragen zufolge sehen überraschenderweise inzwischen sogar 70% der Amis ein, dass es Global Warming tatsächlich gibt und haben nach dem letzten fiesen Midwest-Sommer und der kurzen Sandy sogar kapiert, dass 2-4 Grad mehr genauso gut sind wie 50 Grad mehr, nämlich; gar nicht. Sogar vereinzelte Bill-O´Reilly-Kuckerinnen outen sich öffentlich als gewesene Flachköpfe und geloben erschüttert Besserung.

Andererseits freuen sich aber die Landsmenschen der Bekehrten über eine besonders gute Nachricht – nämlich die, dass die USA demnächst zum weltgrößten Öl- und Gasproduzenten aufsteigen, weil die aggressive Wegfrackerei der gesamten nördlichen Gebiete pechschwarze Ergebnisse bringt (und weil die Saudis und Russen schwächeln). Ob das gut ist? Weil: Gasabfackeln doch weniger Co2 bedeutet als Kohleabfackeln? Mei. Theoretisch. Praktisch: wohl eher nicht. Es bedeutet ja bloß, dass man im unbegrenzten Land wegen der nun neu gewonnenen Freiheit die Umstellung auf „Erneuerbare Energien“ weiter zurückstellen wird, denn eigentlich braucht die doch gar keiner mehr. Erst recht nicht, wenn sich demnächst unter dem eisfreien Nordpol weitere gigantische Ölfelder anstechen lassen.

Was das mit der Erderwärmung zu tun hat?

Seufz.

SFX (O.S.): Leicht verändertes Quietschen einer noch viel rostigeren Gebetsmühle.

(Fade out).

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