Im Schatten der Phoenix (#1)

Dass meiner Frau im Harburger Phoenix-Center 2 Kinder kurz abhanden kamen, das war ja schon schlimm genug für sie, aber dann an der „Center-Info“ erstens zu erfahren, dass die Durchsageanlage „pudd“ ist und sich zweitens gleichgültig fragen lassen zu müssen: „an welchem Tag war denn das?“ – na, um das ohne Herzstolpern zu überstehen, müsst‘ man wohl schon in dieser besonderen Vorhölle aufgewachsen sein …

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Entkommen: Der Tatortreiniger

Arne Feldhusen (Regie), Mizzi Meyer (Buch) und Bjarne Mädel (Darsteller), uneheliche Kinder von Loriot und Guy Ritchie, haben sich beim NDR eingeschlichen und von dort aus vier ganz großartige Comedy-Folgen gesendet, ehe jemand einschreiten und Gutes verhindern konnte. Vier Folgen, die ich Einschaltversager natürlich allesamt verpasst hatte, aber zum Glück gibt´s jetzt ne DVD* mit dem ganzen blitzsauberen, fabelhaften Zeug. Dringend: kucken. (Genauere Inhaltsangaben gibt´s garantiert überall, von Imdb bis amazon …)

* Ob man die kaufen muss, wie ich´s ausnahmslos mache, um den Künstlern wenigstens ihr eines Prozent zukommen zu lassen – weiß ich nicht. Das NDR-Programm haben wir Publikum ja schon per GEZ-Dauerauftrag bezahlt, also sind die ganzen 12,99 € wohl als milde Gabe an die Verwerter zu verstehen, denn Autoren und Regisseure kriegen ja meines Wissens von solchen DVD-Verkäufen: nix ab. Aber im naiven Glauben an die Fairness des öffentlich-rechtlichen Systems wollen wir doch zur Kasse … ah, nee, Schluss, ich schreibe mich noch um Kopf und Kragen.)

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Carbon-Bigfoot-Rechner

Na, wenn das keine tolle Idee ist! Der staatliche Co2-Fußabdruck-Rechner für Jedermann und Jederfrau, mitten im Netz (hier): „Erfassen Sie Ihre jährlichen Co2-Emissionen! Planen Sie die Verbesserung Ihrer CO2-Bilanz durch einfache Maßnahmen.Verfolgen Sie Ihre persönlichen Klimaziele und speichern Sie die Daten in Ihrem CO2-Konto.“

Nachdem mir unlängst Freund M. erklärte, er werde sein wg. Nachwuchs notgedrungen anzuschaffendes Auto so wählen, dass es erstens nicht zu teuer, zweitens sicher, drittens trotzdem nicht allzu lahmarschig und viertens Co2-korrekt sei, musste ich mit schlechtem Gewissn natürlich mal dringend mit Amtsrechenhilfe in mich gehen und mir bestätigen lassen, dass ich in Sachen Co2 keine Fehler mache. Das Ergebnis war allerdings nicht gut genug, denn obwohl unser Thermostat auf maximal 18 Grad steht, Kurzstrecken mit der Vespa zurückgelegt werden, das Haus prima gedämmt ist und wir höchstens alle 3 oder 4 Jahre mal ans Mittelmeer fliegen, haut uns das kleine Mittelklasseauto, mit dem Frau zur Arbeit fährt und Tochter nachmittags zum Sport, unser ganzes schöne 11,0-Tonnen-Ziel komplett kaputt. Aber: das lässt sich ändern! Durch einfache Maßnahmen!

1.) Wir ziehen in die Stadt. Zwischen ein Gymnasium und einen Sportverein.

2.) Wir suchen uns eine Arbeitsstelle in der Nähe unseres neuen städtischen Wohnortes, zum Beispiel beim Umweltbundesamt.

3.) Wir hören auf, uns morgens die Haare zu waschen.

Letzteres bringt allerdings nicht so viel, also beschränken wir uns doch auf die große Veränderung: Festanstellung beim Amt in der Stadt. Das hat nämlich nicht nur Vorteile in Sachen Krankenversicherung und Pensionsanspruch, sondern erst recht den Vorteil, dass zirka 50% unserer Strom- und Heizkosten komplett aus der Rechnung fallen, denn die werden ja nur bei Home-Office-Freiberuflern und Handelsreisenden erfasst, nicht aber bei UBA-Beamten oder Festangestellten: die amtlichen Persönlicher-Co2-Footprint-Türmchen kommen nämlich ganz ohne Angaben zum Energieverbrauch während der 10-12 Tagesstunden aus, die man anderswo verbringt als in seinen eigenen vier Wänden (oder auf Geschäftsreise).

Womit dann auch klar sein dürfte, wer die Freunde des Klimas sind – eben: die Jungs und Mädchen von der Stadtverwaltung – und wer die Feinde, die sich gefälligst ab jetzt Mühe geben: eben Leute vom Land, Freiberufler, und KinderdurchdieGegendfahrer (der Bus hier fährt nur 3x am Tag Beamte in die Stadt und wieder zurück).

Schön, dass wir mal drüber gesprochen haben. Asche über unser Haupt. Wir ändern das. Wir kommen alle zu euch ins Stadtamt und rechnen uns klimaneutral.

(Und, hey, wahrhaft heldenhafter Freund M.: Du lässt das gefälligst sein, ab morgen, im Auftrag der deutschen Industrie dauernd nach Istanbul und Baku zu fliegen und so Gewinne zu erwirtschaften, die dann via Steuer die Pensionsansprüche der UBA-Beamten sichern! Guck dir mal deinen Co2-Abdruck an! Also: Das Auto ist gestrichen, nach Peking fährt ne Bahn, und Madrid schafft man ja wohl auch mit nem gepflegten Rennrad.)

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Wer hebt hier wen (ur)?

So. Und nun mal exemplarisch. Wer ist jetzt „Urheber“? Ich? Gut. Mal komplett abgesehen davon, dass ich ja nix für das kann, was ich kann. Außerdem hätte ich das Buch nicht schreiben können, wenn nicht etliche Wissenschaftler gut (oder eben auch merkwürdig) urgehoben und veröffentlicht hätten. Vor allem aber hat mich immer gestört, dass ich als (aus-dem-Englischen)-Übersetzer nicht auch als Urheber meines neuen deutschen Werkes gelte. Und ohne meinen griechischen Übersetzer bislang auch nur namentlich zu kennen (sorry! Aber nix mea culpa, ich wusste nicht mal, dass das einer macht, bis gestern), finde ich: doch, der ist jetzt auch Heber. Mitheber. Denn ohne ihn gäb´s mich ja nicht auf griechisch, also könnte mich auch kein Grieche lesen.

Um nun aber in gebotener Kürze die Kirche zurück auf den Marktplatz zu stellen: um mich überhaupt als Urheber existent werden zu lassen – jedenfalls in Griechenland – müssen eine Reihe Leute einiges tun. Zum Beispiel mein Verlag in Gestalt der zuständigen wunderbaren Lizenz-Chefin, denn ich kenne niemand in Griechenland, erst recht keinen Drucker. Ich kann ja nicht mal griechisch.

Das Cover ist gelungen. Hat vermutlich irgendwer urgehoben. Der Titel heisst wohl nicht „Prophezeiung“, sondern irgendwas Alliteratives iSv „unvorhersehbarer Unfall“, auch das hat jemand gehoben.

Und trotzdem, nein, das bedeutet nicht, dass ich nun etwa meinte, ich dürfte eigentlich nicht mal das circa 1% vom griechischen Verkaufserlös kriegen, das ich kriege – es bedeutet bloß, auch wenn´s keiner mehr hören kann: Bücher. Sind. Zu. Billig. (Und, hey, nee, ich habe nicht den blassesten Schimmer, wie ich das Ding bestellen könnte … also: falls da irgendwer irgendwen kennt – der Miturheber dankt für jeden heißen Tipp.)

P.S.: Ach so, die deutsche Taschenbuchausgabe kommt dann pünktlich zum Weltklimagipfel für lächerliche 9,99 € auf die Urlaubstaschenbuchtische, und jeder von Euch, der das weitersagt, wird von meinem Dank verfolgt. Der Verlag dankt 100%ig mit – oder wenigstens 95%ig -, und garantiert ebenso von Herzen wie ich.

P.P.S.: Ich bin zu blöd, um WordPress korrekt zu bedienen. Ich sage dem Programm achtmal „Thumbnail“ und kriege das Cover jedes Mal in Winnetou-Starschnittgröße. Und nimmer weg. Ich bitte um Nachsicht. Denkt´s euch gebührend klein, bitte. Ich danke.

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Sprachrohrkrepierer (Künstlerdämmerung #8)

Himmel. Was soll ich den jetzt machen? Jetzt müsst ich ja eigentlich umschwenken und am Ende doch für die Piraten sein, denn die sind zwar in so fern doof, als sie bloß alles für lau wollen, aber trotzdem längst nicht so doof wie diese ganzen Dreiminusschüler, die wir früher in der Pause auf dem Klo eingesperrt haben und die heute ausnahmslos die Parlamente besetzen, und erst recht nicht so doof wie Charlotte Roche und all die anderen „prominenten“ Unterzeichner der frisch vom Verwerterverband getexteten „Wir sind die Urheber!“-Bewegung (hier im O-Ton, hier mit schönen Kommentaren aus der online-Zeit.)

Himmelarsch. Urheberrecht als Menschenrecht? Wart ihr zu lange in der Sonne? „Das Urheberrecht ermöglicht, dass wir Künstler und Autoren von unserer Arbeit leben können?“ Echt? Lassen wir mal das ganze Standing on the shoulders of giants weg und auch die Frage, in wie weit überhaupt irgendwas, was ich schreibe, male, komponiere und öffentlich ausstelle „meins“ ist: Ich dachte, das „von unserer Arbeit leben können“ hat was mit – Publikum zu tun … Gar mit – iiih – Geld?

Nur kurz und ins Leere philosophiert: Arbeitslose leiden nicht darunter, dass sie keine Arbeit haben, sondern darunter, dass sie kein Geld haben. Und verletzte Urheber leiden nicht darunter, dass man ihre Werke kopiert, verbreitet, hört und liest, sondern dass sie dafür ggf. kein Geld kriegen.

Himmelarsch. Ja, die Bedingungen haben sich verändert. Sind nicht mehr und noch nicht wieder feudal, sind aber auch nicht mehr „Vatter Staat macht das schon mit amerikanischem Marschallplan-Geld“, also nimmer „60er-80er“. Denn allein darum geht’s im Jetzt, im Google- und Facebook-Zeitalter: wie wir jene Kulturschaffenden, deren Werke wir (= das Publikum) gern sehen, hören, lesen – angemessen entlohnen. Kaum weist man die nicht besonders nachdenklichen Piraten auf so was hin, kriegt man was? Na, eben! Verwerter-PR-Texter, Charlotte Roche und Roger Willemsen, die im Chor nach „mehr Staat“ rufen. Heidewitzka! Unsere Intellektuellen und Bestseller-Sprachrohre! Möchte ich darüber mehr wissen? Oder doch lieber deutlich weniger?

Schützen wir dann als nächstes mit geballter Künstlerkraft die Energieverwerter vor neuen Geschäftsmodellen? Eon und RWE vor mir (Bürger), der ich versuche, das Stromnetz zu übernehmen und die Wege zwischen Quelle und Abnehmer zu verkürzen? Schützen wir, Roger, Charlotte und Co., demnächst Vattenfall? Weil auch im Umfeld der „Rohstoffverwerter“ die Wege zwischen Energiequelle und Publikum gefährlich kürzer geworden sind – theoretisch?

Okay. Machen wir. „Wir sind die Stromverwender.“ Lasst uns nur vorher noch den status quo in Zement gießen, dass die Künstler 5% vom Kunstkuchen kriegen und die Verwerter und Verwalter weiterhin 95%, und danach verteidigen wir Autoren die Stromversorger. „Fließend Licht ermöglicht uns, von unserer Arbeit zu leben!“ Rettet Vattenfall! Aber vorher Warner, EMI, Sony, Bertelsmann und Rupert Murdock.

P.S.: Jaaa, stimmt. Wir brauchen intelligente Storm- und Kulturabnehmer. Die´s nicht gibt. Weil der Strom aus der Steckdose kommt und das Programm (gefühlt) umsonst aus dem Fernseh. Wär das nicht mal ne schicke Startposition für ne intellektuelle Speerspitze? Nicht? „Ein überschaubarer Horizont kann doch auch eine schöne Sache sein.“ (Dr. Manhattan, kommentierend im Zeit-Forum). Ja. Woll. Auch wieder wahr.

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Eschers Spanien

Klar, das Finale dahoam ist wichtig, sowieso – aber da ich die paar anderen Anmerkungen zur Krise jenseits von Barca und Real hierzulande so gar nicht mehr finde, lese ich´s mal kurz übersetzt vor (aus dem oft so guten und notwendigen Blog von James Howard Kunstler, auch wenn der eigentlich nur versucht, seinen amerikanischen Lobotomie-Patienten das Allernotwendigste klarzumachen):

„Spanien hat sich letzte Woche als Finanzwirtschaft entpuppt, die nur M. C. Escher entworfen haben kann. Der Plan zur Stabilisierung der unstillbar ausblutenden spanischen Insolvenzposition ist dieser: Spaniens große Banken leihen sich Milliarden von der Europäischen Zentralbank EZB; anschließend drehen sich die spanischen Banken um und leihen der Regierung Geld für eine Bailout-Rettung der spanischen Banken; danach investieren dann die Banken das geliehene Geld in spanische Staatsanleihen, sprich: leihen der Regierung Geld. Die Welt hat diese gefährliche Torheit gähnend zur Kenntnis genommen. Man würde doch zumindest erwarten, dass der eine oder andere Deutsche sich an seiner Bratwurst verschluckt.“

Naa. Zu viel der Ehre. Da stehen wir drüber. Hüben wie drüben. (Der ganze schöne und lesenswerte Blog-Eintrag: hier).


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Zahlen, bitte (#2)

Ein ganz feines und bemerkenswertes Buch ist der gerade erschienene so genannte Beschissatlas von Ute Scheub geworden (illustriert von Yvonne Kuschel), und zwar trotz des bemerkenswert unfeinen Titels. Erwartet man unter jenem bloß ein gerüttelt Maß an Autorenschaum vorm Mund, sieht man sich auf den gut 200 illustrierten Großformat-Seiten aufs Angenehmste getäuscht und statt mit Polemik mit Zahlen überhäuft, die in ihrer ganzen Sachlichkeit glasklar sprechen und klingen.

Zudem: Nein, mit dem Festnageln des skandalös schiefen Gesamtbildes gibt Scheub sich nicht zufrieden; sie hat tatsächlich auch die richtigen Vorschläge, wie´s besser geht. Zu gehen hat. Demnächst gehen muss. Sofern es überhaupt noch gehen soll.

Und natürlich hat sie das auch „in Zahlen“.

Pflichtlektüre. Ab 12 (oder 5 vor).

Ute Scheub / Yvonne Kuschel Beschissatlas: Zahlen und Fakten zu Ungerechtigkeiten in Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt. (Ludwig, München 2012, 208 S., 19.99 €)
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