Weltruhm (Künstlerdämmerung #7)

Dem weltumspannenden Netz entnehme ich mild erfreut, dass meine Stories überall auf der Welt gesehen werden (ob goutiert, das lassen wir doch einfach mal dahingestellt): In Japan gibt´s jetzt die „Himmlische Mischung“, vulgo „Wie angle ich mir meine Chefin?“ auf DVD, den jp-Titel kann ich nicht mal lesen, Frankreich nennt den Film „Peche gourmandise“, Italien „Litgi di chioccolato“; in Mexiko läuft „Manatu“ als „Manatu“ auf AztecaTv, in Finnland ergänzt durch den Halbtitel „Kirottu pelilauta“, in Frankreich durch „Le jeu des trois vérités“. Und „Cuervos“ (Spanien), „Peur Noire“ (Frankreich), Gyilkos varjak (Ungarn) sowie „The Crows“ (England) sind ja auch nix anderes als „Die Krähen“, also mein Creature-Filmchen für die Zielgruppe FSK 12, primär feminin … „Un bebe, deux papas!“, Dauerbrenner auf „Romance TV“, lief inzwischen drei- oder viermal in Frankreich, wo man allerdings als „Mensonges et amour“ (also Lügen und Liebe) das schöne „Hunde haben kurze Beine“ doch leicht unter Wert betitelt … geschenkt.

Ist das nun Weltruhm? Nee, denn zum Ruhm gehörte ja, dass der Zuschauende überhaupt wahrnimmt, von wem die Story stammt, die er oder sie sich da gerade bebildert erzählen lässt. Also: nix Ruhm. Aber dafür: Lohn. Logisch. Denn auch wenn der Sofakonsument nicht weiß, wessen Stoff er da anderthalb Stunden wegguckt, muss er ja was an der Kasse abgeben. Irgendwas Faires. Urhebergeld. 5 Euro pro Film? Nee, zu viel. 50 Cent? 5 Cent? Meinetwegen. Bei geschätzt insgesamt 10, 20 oder 30 Millionen Zukuckern würd das doch für einen Maserati lässig reichen.

Wie, Pointe? Die Pointe ist, dass so was wie siehe oben dem Urheber und Künstler im Lauf der Jahre maximal 1500 Euro einbringt. Und jetzt kommt mir nicht mit „heul doch!“, denn nix liegt mir ferner. Wollte nur nochmals entspannt durch die Blume konstatiert haben, dass mir das „Freibier für alle“-Gebrüll von Piraten und Niggemeiers aus ganz erfindlichen Gründen sauer aufstößt.

Andererseits, ja, schon klar, dafür könnt ich mir bei amazon.jp einen account einrichten und meinen eigenen Film mit Untertiteln bestellen, die ich nicht lesen kann. Und, hey, wer kann das schon! Wer wird denn da auch noch an so was Profanes wie die Miete denken? Also, bitte!

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Bier: ein dauerndes Fest (erst recht mit Jensen)

Susanne Biers letzter Film heißt mit deutschem Titel In einer besseren Welt, wohl weil das das dänische Haevnen, also der Originaltitel, nach Himmel klingt. Und nach Hafen. Wo er ja auch teilweise spielt. Warum also nicht In einer besseren Welt? Tatsächlich aber ist Haevnen was anderes, nämlich ein ungewöhnlicher Plural: die Mehrzahl von Haevne, was schlicht Rache heißt oder Vergeltung. Und darum geht´s, ums Rächen. Um Strafen, Vergeltungen, ums Zurückschlagen oder eben Die-andere-Wange-hinhalten. Weshalb der deutsche Titel in seiner ganzen hübschen Kitschigkeit verflucht irreführend ist (wie auch die Titel für den Rest der Welt außer Schweden, Finnland und Russland, denn nur dort hat man sich entschieden, die Rache als solche als Titel stehen zu lassen.)

Immerhin: Es geht tatsächlich um zwei Welten, zwischen denen Vater Anton pendelt – einem afrikanischen Flüchtlingslager, in dem er als Arzt unter schwierigsten Bedingungen Leben zu retten versucht, und seine andere Welt, die zu Hause, im heilen Dänemark. Dort gibt´s dann auch Marianne, die Ex-Frau, Elias, den Sohn, Christian, den Schulfreund des Sohnes, dessen Mutter gerade an Krebs verstorben ist, und Christians Vater Claus, den Witwer. Und es gibt in beiden Welten gute Gründe, sich zu wehren, zurückzuschlagen, sich selbst und erst recht die Schwachen zu verteidigen. Aber wann ist der Punkt erreicht, an dem man sich wehren muss? Und welche Folgen haben sowohl Rache wie auch das Erdulden von Unrecht – im falschen Moment?

Anders Thomas Jensen, wahrhaftig einer unserer genialsten Drehbuchautoren, wirft mit seinen Stories, seinen Büchern*, regelmäßig und mit leichter Hand die interessantesten Fragen von allen auf, und in Haevnen ist wieder mal einiges in vollendeter dramaturgischer Schönheit zu ertragen. Schon bei den zu Beginn kleineren Grenzübertretungen in „unserer“ Welt verlangt das eigene bloß zuschauende Herz nach allem, was der Film im Originaltitel verspricht: damit dürfen die nicht durchkommen, die Fiesen, die Gemeinen, die Unmenschen, die überall sind und die Guten quälen! Aber natürlich treiben Jensen, seine ebenfalls sagenhafte Regisseurin Susanne Bier und ihr durchweg brillantes Ensemble den mitfühlenden Zuschauer nach allen Regeln der Kunst über alle Schmerzgrenzen hinaus in ein dramatisches Dilemma, und es ist um so verblüffender, dass es ihnen gelingt, uns daraus am Ende gänzlich kitschlos, dafür aber tief berührt und leichter ums Herz zu erlösen.

* Weiterkucken und bewundern. Anders Thomas Jensen: Brüder (R: Bier), Nach der Hochzeit (R: Bier) Adams Äpfel (R: er selbst), Für immer und ewig R: Bier).

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Alptraum Ahmanedischad (Die Nachrichten der anderen #1)

(Reuters) Infolge der US-amerikanischen Drohung, zukünftig keine Cornflakes und keine Cola mehr mehr nach Teheran zu liefern, sind gestern iranische Truppen am Panamakanal aufmarschiert. Der iranische Präsident fordert im Namen der Weltgemeinschaft ein Ende des US-Atomwaffenprogramms, EU und NATO unterstützen seine Forderung und drohen mit Sanktionen, ein militärischer Alleingang des Weltpolizisten Iran steht dennoch zu befürchten.

Aufgewacht. Erleichtert. Alles beim Alten.

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Pro Sekunde eine Stunde

Youtube feiert einen Etappensieg für die Menschheit (oder sich selbst): seit kurzem wird vom weltweiten Schwarm pro Sekunde eine Stunde Videomaterial neu hochgeladen. Wir haben uns wohl viel mitzuteilen, vielleicht sogar zu sagen, aber nur keine Panik: Es würde immer noch ein ganzes Jahr dauern, die vollständigen Leben von 65 spät verblichenen Mitmenschen vom ersten Schrei bis zum letzten Seufzer komplett bei Youtube einzustellen. Weitere Verhältnismaße (bei Bedarf): hier.

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Kurz nach „Ich heirate eine Familie“

Eine wirklich originelle deutsche TV-Serie* – gar eine, die im Ausland konkurrenzfähig wäre – kann es in Zukunft nicht mehr geben. Wer´s hoffend glaubt, verkennt philantropisch die Sachlage, denn jene Konsumenten, die originelle Serien mögen, verfügen über reichlich internationale Auswahl, während jene, die den Fernseher überhaupt noch zur vorgeschriebenen Serienzeit einschalten, so gründlich gehandicappt sind, dass sie Originelles gar nicht verstünden, geschweige denn zu schätzen wüssten. So bleibt denn den „Fernsehmachern“ nichts anderes übrig, als für dieses noch vorhandene Publikum zu produzieren, und das ist nun mal vorwiegend sturzdämlich.

Was nicht bedeutet, dass das gesamte Publikum dämlich ist, weiß Gott nicht. Aber die intelligenteren Teile der Gesamtzielgruppe entscheiden eben selbst, wann ihre Serien laufen. Und welche. Und wer The Wire sieht, braucht nicht zusätzlich KDD, wer Scrubs oder House M. D. kennt, braucht nicht Doctor´s Diary, und wer dann noch Kenntnis von der Existenz solcher Serien wie Californication, Mad Men oder Parenthood hat, braucht ja erst recht kein deutsches Angebot mehr – denn wer, um Himmels willen, soll sich das alles ansehen, so viel Zeit hat doch kein Mensch.

Der Hinweis auf die zwei in den USA erfolgreichen Familienserien Parenthood und Modern Family sei hier dennoch gestattet, denn beide (vor allem Parenthood) peilen erfolgreich eine vernachlässigte Zielgruppe an, zu der ich mich zähle und zu der die 6-29jährigen eben nicht gehören: Erwachsene mit Kindern, die ohne Kinder fernsehen.

Familienserien? Die? Mei. Nicht nach deutscher Programmdefinition, denn was hierzulande Familienserie heißt, hat jugendfrei und Richtung Krabbelstube abwärtskompatibel zu sein, findet am Vorabend statt und kreist um Protagonisten wie Dr. Specht oder irgendwelche echten Affen. Erwachsene Themen finden möglichst nicht statt, denn solche würden ja die mitgaffenden Kleinen überfordern oder schlicht langweilen.

Während Modern Family als 25er-Comedy daherkommt und vom RTL-Publikum vermutlich verstanden wird (weshalb die Serie jetzt auf RTL Nitro anläuft), ist Parenthood keinem Genre zuzuordnen, bestenfalls der Dramedy, die es in der hiesigen DIN-A-Schubladen-Wahrnehmung gar nicht geben sollte oder kann oder darf. Im echten Leben aber halten Drama und absurde Komödie ausdauernd Händchen, und in diesem Wissen haben die Parenthood-Macher um Jason Katims ihren Stoff gestaltet: komisch, tragisch, herzlich, um relevante Themen kreisend, ohne wirkliche Lösungen für irgendwas anbieten zu wollen. Die porträtierte Familie Braverman ist groß und besteht aus Rentner-Mom-und-Dad, ihren drei Kindern, deren angeheirateten Gefährten sowie diversen Enkeln, die Basen sind allesamt besetzt, von der heilen normalen Familie, deren jüngstes Kind sich als Autist entpuppt, über den Hallodri-Bruder, dem eine Ex-Liebschaft plötzlich den gemeinsamen 5jährigen Sohn präsentiert, bis zur Karrieretochter mit gut aussendem „Stay-at-home-Dad“, der von lauter flotten Yoga-Müttern angebaggert wird. Klingt solide, ist aber mehr, denn Jason Katims hat vor Parenthood die beste Serie aller Zeiten (Friday Night Lights) mit gestaltet und geschrieben, und wer die kennt, versteht um so besser, weshalb Schauspieler wie Peter Krause (Six Feet Under) und Lauran Graham (Gilmore Girls) sich um die Plätze in der Serie gerissen haben. Denn nicht nur ist die Temperatur des Dargebotenen perfekt gewählt, man findet auch die bewährte FNL-Machart wieder, die im besten Sinn europäisch inspiriert ist: drei Kameras am Set, Vorgaben für die Darsteller nur im notwendigen Maß, Gestaltungsspielraum galore. Und das Ergebnis ist vorhersehbar: Man sieht nicht Schauspielern zu, man ist unter Menschen – und vergisst förmlich, dass zwischen uns und denen nicht nur eine Plastikscheibe steht, sondern Produktionsprozesse, Speichermedien und viele tausend Kilometer.

Einziges Hindernis auf dem Weg zum Teilnehmen: Es gibt keine deutsche Fassung. Und nur die erste Parenthood-Staffel als europataugliche DVD. Für Staffel 2 und die bald folgende 3 empfiehlt sich also bei anhaltender Sehnsucht nach erwachsenem Familienfernsehen die Anschaffung eines NTSC-DVD-Players.

Parenthood: Staffel 1 für zirka 20 Euro beim u.k.-Händler, der Rest höchstens vom anderen Teichufer.
Modern Family: ab 2. April bei RTL Nitro (Pilot: 8. April, 23.50 h, RTL); DVDs (original) beim üblichen Einzelhändler.
* Ja, natürlich, Mensch, mit Ausnahme von Der letzte Bulle, das versteht sich doch wohl von selbst …
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Keine Kunst (Künstlerdämmerung #6)

Der Reihe nach. Zunächst mal mit jüngst Bernd Neumann, unserem Kultusmedienminister: „Debatten um das geistige Eigentum werden allzu häufig abstrakt geführt. Viel wird über das Urheberrecht gesprochen, meines Erachtens viel zu wenig über die Urheber selbst – dabei geht es um Menschen, die von ihrer kreativen Arbeit leben müssen. Was manche mit einem verharmlosenden Unterton als ´Internetpiraterie´ abtun, betrifft im Kern das Schicksal von hunderttausenden Kreativen! Kreative Arbeit ist keine Freizeitbeschäftigung, sondern der Broterwerb für bildende Künstler und Künstlerinnen, Orchestermusiker, Komponisten, Kameraleute, Regisseure, Cutter, Schauspieler, Journalisten, Schriftsteller, Übersetzer, Designer, Fotografen und viele mehr.“

Recht hat er. Und so kommt im Künstlerherzen regelrecht Hoffnung auf, wenn SPIEGEL-Medien-Autor Niggemeier sich des Themas „Raubkopie“ frisch zweiseitenlang annimmt und Neumann gar zitiert, fast gleichlautend mit s. o. und der ministerialen Klarstellung: „Für mich steht (…) der Schutz des geistigen Eigentums als Existenzgrundlage aller Wertschöpfer an oberster Stelle. Und ich lasse das nicht ausspielen gegen irgendein diffuses Nutzerrecht.“

Prima. Endlich Schluss mit der Piratenromantik, die ja bloß „Freibier für alle!“ meint, auf Kosten der Künstler. Da kann der (feste freie) Journalist ja nur zustimmen und eine dicke Lanze brechen für die Künstlerkollegen … Müsste. Denn sein Kommentar zum Neumann-Zitat ist wegweisend dieser: „Es ist bezeichnend, dass diejenigen, deren Interessen hier also ganz an den Rand gewischt werden, die sind, die man eigentlich im Zentrum vermuten sollte“: die Künstler.

Nee. Falsch. Niggemeier schreibt nach dem Doppelpunkt: „Das Publikum, die Kunden.“

Oh. Aha. Oho. Echt? Der Rest des Artikels ist wohlfeiles Industriebashing, endend anderthalb Seiten später mit der Klarstellung: „Sie kämpfen nicht für das Urheberrecht, sondern ein Profitschutzrecht.“ Ja. Meinetwegen. Klar. Logisch. Wofür denn sonst? Davon leben die Verwerter, da wird´s keinen wundern, dass sie sich mit Händen, Füßen und Klauen gegen Änderungen wehren. Applaus für Niggemeier, den Publikumsanwalt.

Aber … Hallo? Siehe oben. Neumann (und wir Künstler) meinen nicht „Bertelsmann-Warner-Emi“, wenn wir von „Urhebern“ oder „Wertschöpfern“ sprechen. Hinhören. Liste vergleichen (siehe oben). Künstler. Keine Freizeitbeschäftigung. Sondern Broterwerb. Existenzgrundlage. Und, ja, all dieses Existenzgrundlegende gestaltet sich im Verkehr mit den „Verwertern“ schwierig und immer schwieriger, denn natürlich versuchen die, was ihnen auf der Einnahmenseite entgeht, auf der Kostenseite zu streichen, also bei den – Herstellern. Sprich schon wieder: den Künstlern. („Sie möchten Ihren Anteil von 20% am e-book verhandeln?“ Lachen vom Band, ausklingend beim Weg in die Kneipe, ohne Vertrag).

Irgendwas fehlt. In der Wahrnehmung und erst recht in der Diskussion. Natürlich sind wir alle (auch wir Künstler in unserer besten Nebenrolle als „Publikum“) für den freien und kostenlosen Zugang zu allen Inhalten – aber wer bezahlt dann unsere Miete? Merkwürdig. Wie gründlich man diesen zentralen Punkt vergessen kann. Kongnitive Dissonanz? Oder schlicht kognitives Loch? Bei den „Piraten“ und anderen Parteien murmelt´s dazu irgendwas unter „FAQ ferner liefen“, quasi ergebnislos resp. mit einem „Mh, müssen wir auch mal drüber nachdenken“, ehe umgehend wieder die laut beklatschten Freibierparolen erklingen, und nun schließt sich auch Dr. Lieschen Müllers ehemaliges Nachrichtenmagazin als Verbraucheranwaltskanzlei an.

Noch mal für unters Kopfkissen: Wo bleiben die Künstler?

„Sollen doch sehen? Muss ja wohl reichen, dass die nicht arbeiten müssen!“ Na, eben. Aber dann schreibt das doch nicht zwischen den Zeilen, Spiegelpiraten, sondern oben drüber.

(Mich kratzt das eh nicht mehr, schließlich hab ich nicht nur Künstlergene, sondern auch unternehmerische. Deshalb lasse ich meine Romane zukünftig in China schreiben, senke so die Lohnstückkosten auf konkurrenzfähiges Niveau und erziele ab meinem nächsten Buch 6% mehr Gehalt. Mu-harr-harr! Das sind dann schon glatte 4 Euro pro Wertschöpferstunde, für praktisch keine Arbeit, sondern bloß Kunst!

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Justified

Wir übersetzen wahlweise gerechtfertigt oder berechtigt oder eben gar nicht und konstatieren sicherheitshalber bloß dies: den unnachahmlichen Spirit von Meister Elmore Leonard gibt´s nun endlich auch in regelmäßigen Häppchen für hiesige Menschen, die keine Bücher lesen – oder einfach lieber Bewegtbilder kucken als Buchstaben: Justified, zurecht hochgelobt, läuft in den USA inzwischen in Staffel 3, und wird nun, 2 Jahre später, auch bei uns ausgestrahlt, von Kabel 1, beginnend am 10. März 2012 um 23.10 Uhr mit der Pilotfolge Fire in the hole (Brand im Stollen).

Justified ist ein vortrefflicher Bastard. Pro forma eine „Cop-Serie“, da Protagonist Raylon Givens (gespielt von Timothy Olyphant) ein Bulle ist, der aus Miami zurückversetzt wird in den Hinterwald, aus dem er stammt (Kentucky), aber schon auf den zweiten Blick wird klar, dass hier beide Seiten ihre berechtigte Rechtfertigung erhalten (Cops wie Kriminelle), dass reichlich Verbindungen existieren und man sich umgehend in alle erdenklichen Grauzonen begibt, rechtlich wie charakterlich. Das klingt nach einem Versuch, dem Klassenprimus The Wire in die Fußstapfen zu treten? Weit gefehlt, denn den Machern von Justified (inklusive Leonard selbst) fehlt der Todernst der Wire-Fraktion. Cop Raylon trägt einen Stetson – und benimmt sich auch wie ein Cowboy, allerdings wie ein sehr smarter und cooler Cowboy. So gesehen, ist Justified ein Neo-Western. In dem sich allerdings alle anderen Figuren über den Westernhelden resp. dessen Hut lustig machen. Bevor sie schießen. Oder sprengen.

Es ist, wie´s immer war bei Elmore Leonards Stoffen, von Hombre bis Be Cool, von Valdez bis Rum Punch bis Maximum Bob: man sieht sich förmlich umzingelt von großartigen Charakteren, bei denen man sich vor allem auf eines verlassen kann, nämlich ihre Unberechenbarkeit, und obendrein auf dauerhaft großartige Dialoge. Sowie eine in Staffel 1 gute und in 2 exzellente „horizontale“ Storyline.

Fragt sich nur: Wie synchronisiert man dieses lakonische Kein-Wort-zuviel-auf-den-Punkt? Und dann auch noch inklusive Southern drawl? Was wird´s im Deutschen … Hessisch?

Justified. Staffeln 1 & 2 bei amazon.uk für je zirka 20 Euro, deutsch im Fernseh ab 10. 3. bei Kabel 1. Trailer: hier. Elmore Leonard erscheint inzwischen wieder angemessen präsentiert auch in deutscher Übersetzung (bei Eichborn), zuletzt mit dem (leicht sperrigen) Dschibouti und den „klassischen“ Road Dogs, demnächst vermutlich auch das gerade in den USA erschienene Raylan (= das die TV-Serie ergänzt).

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