… haben ein lesenswertes neues Buch veröffentlich, nämlich 11. 9. – 10 Jahre danach: der Einsturz eines Lügengebäudes, sich aber damit dummerweise ein öffentliches Lob des ARD-Kulturmagazins Titel, Thesen, Temperamente eingefangen, gipfelnd in der kühnen Behauptung des Beitragsautors, Journalisten dürften „unbotmäßige Fragen“ stellen. Die Reaktion des medialen Mainstream auf diesen meinungsfreien Ausrutscher der ARD ist interessant.
Mit freundlicher Genehmigung der Autoren gestatte ich mir aus Walthers vorgestrigem Blog-Eintrag zu zitieren, nämlich eine kurze Randbemerkung zum druckfrischen FAZ-Beitrag Was geschah am 11. September – Wahrheit und Verschwörung: Die ARD präsentiert ein Panorama der Unsicherheiten.
„Der Beitrag von Rafael Gross ist in jeder Hinsicht lesenswert, denn Gross‘ Haltung ist eben die, die wir im Nachwort unseres Buches beschreiben – da er das Buch nicht kennt, sondern es bloß verboten wissen möchte, konnte er sich zum Inhalt zwar nicht äußern, wohl aber feuert er schwere Geschützhülsen ohne Zögern ab, denn das gelingt um so problemloser ohne vorherige Lektüre. „Verschwörungstheoretiker“, das versteht sich ungelesen von selbst, aber es explodieren auch „paranoide Pseudoenthüllungen“, „sektiererisch“, „Antisemitismus“, „Antiamerikanismus“, „Mein Kampf“, „Die Protokolle der Weisen von Zion“, „Eugeniker“, kurz; „Irre“. Da bleibt nicht viel, und jede die Bitte um wenigstens ein Mindestmaß an Sachlichkeit wird an FAZ und Gross abprallen, denn, so Gross, ein „gravierender Mangel zeichnet den Verschwörungstheoretiker geradezu aus“, nämlich der an „Urteilskraft.“ Recht hat er.
Wichtiger aber ist der Kern der FAZ-Kritik, denn der Kolumnist rückt ja nicht nur die Autoren in die Nähe von „Rassentheoretikern“, sondern weiß von erst recht von einer „Überwachungsinstanz“ in der ARD, die letzte Woche „in skandalöser Weise versagt“ hat. Denn letzte Woche hatte Tilman Jens in „Titel, Thesen, Temperamente“ unser Buch vorgestellt und in seinem Bericht seine Meinung kund getan, es müsse Journalisten erlaubt sein, nach gründlicher Recherche Fragen zu stellen – auch solche, die anderen „unbotmäßig“ vorkommen. Gross ist gänzlich anderer Meinung: Nicht nur ist das Formulieren von Fragen zum Hergang des 11. 9. per se unzulässig, die Überwachungsinstanzen der ARD wachen auch darüber, dass die Öffentlichkeit von solchen Fragen gar nicht erst erfährt. Er hat also schon wieder recht: Die Überwachungsinstanzen haben dieses eine Mal skandalös versagt. Und wir dachten schon, wir wären paranoid. Denn bis heute wussten wir ja gar nicht, dass in der ARD tatsächlich Überwachungsinstanzen gibt, die redaktionelle Berichte über „unbotmäßige Journalistenfragen“ verhindert.
Auch wenn es Schwäche verrät, unsererseits: es gibt diese Momente, in denen man problemlos mit etwas weniger Erkenntnis auskäme.“
Die geschliffenen Kommentare zum Kommentar finden sich hier, das Buch findet sich in jeder gut sortierten Buchhandlung, jedenfalls noch. Sollte die FAZ gehört werden, landet es ungelesen auf dem Index und wird nächste Woche verboten. Falls, bleiben dem am den eklatantesten Widersprüchen des Falles „9/11“ interessierten Leser wahlweise die älteren Werke von Bröckers und Walther oder das frisch erschienene Inside 9/11 von Paul Schreyer und Jürgen Elsässer. Auch die widerlegen nämlich in ihrem schnörkellosen Bericht präzise anhand dreier wichtiger Beispiele die „offizielle Verschwörungstheorie“, also jene, die in den Geschichtsbüchern steht. Hingegen ist Kevin Fentons ebenfalls gerade veröffentlichtes Disconnecting The Dots für Laien vermutlich ungeeignet, weil lobenswert vollständig betreffend die Rolle der US-Geheimdienste beim Gelingen des Jahrhundertverbrechens.
Wer indes – wie FAZ-Kolumnist Gross – zurecht fürchtet, nach etwaiger Würdigung der Fakten mit erschüttertem Weltbild dazustehen, findet so kurz vor dem 10ten Jahrestag des alles verändernden Anschlages immerhin auch anderswo bedenkenswerte Anstöße, zum Beispiel beim (die offizielle Lesart nicht in Frage stellenden) Geschichts- und Gewaltexperten Bernd Greiner, der in 9/11 – Der Tag, die Angst, die Folgen dokumentiert, wie Anti-Terror-Kriege und USA-PATRIOT-Gesetze zum Schutz unserer Freiheit eben jene Freiheit förmlich vernichten; und erst recht in Dominic Streatfeilds A History of The World Since 9/11. Anders als Greiner, der sich mit besorgt gerunzelter Stirn über die neuen Gesetzbücher beugt, blickt Streatfeild hinaus in die Welt und dokumentiert anhand von 10 Einzelschicksalen die Folgen des 11. September – vom kriminellen US-Patrioten, der den Anschlag als Rechtfertigung für einen Mord an einem gesetzestreu und fleißig in der Nachbarschaft lebenden „Sand Nigger“ benutzt, von irakischen Boat People, die als Terroristen weggesperrt werden (und en passant den australischen Konservativen zum Wahlsieg verhelfen), bis zu den Teilnehmern afghanischer Hochzeitsfeiern, die von US-Bombern ausradiert werden.
Streatfeilds Quintessenz ist einstweilen nichts hinzuzufügen: „Doubtless there is a case to be made that the world changed as a result of 9/11. But how it changed was not up to Bin Laden, al-Qaeda or the Taliban. It was up to us. We could have reacted differently. We didn´t.
As a result, the situation in which we currently find ourselves is not one that has been thrust on us. Is´s one that we have chosen. Al-Qaeda doesn´t threaten our existence. It never did. Our reaction to it just might.“
Mathias Bröckers/Christian C. Walther: 11. September – 10 Jahre danach: Der Einsturz eines Lügengebäudes. Westend 2011, 320 S., 16.99 € Paul Schreyer/Jürgen Elsässer: Inside 9/11 – neue Fakten und Hintergründe zehn Jahre danach. Homilius 2011, 119 S., 8.80 € Kevin Fenton: Disconnecting The Dots – How 9/11 Was Allowed to Happen. Trineday 2011, 480 S., ca. 20 € Bernd Greiner: 9/11 – Der Tag, die Angst, die Folgen. C. H. Beck 2011, 280 S., 19.95 € Dominic Streatfeild: A History of the World Since 9/11. Atlantic Books 2011, 408 S., ca. 15 €.