Herrlich. Dass wir nicht selbst gute Thrill-Serien drehen müssen – es gibt ja überrreichlich Importfutter. Und zwar nicht nur aus dem wilden Westen und dem zwielichtig-skandinavischen Norden, sondern auch vom anderen Ende der Welt. „Top of the Lake“ geht auf die Kappe von Oscar-Besitzerin Jane Campion („The Piano“) und ist eine perfekt gestaltete 6-Stunden-Erzählung über genau all das, was unter stadtferner Seeoberfläche an fiesen Untiefen existiert. So weit, so „auch nichts Neues für Freunde von Banshee (HBO), Lund (The Killing) und Larsson (Stieg)“, aber Campions Arbeits- und Herangehensweise ist eben denkbar anders als die von Hollywood oder Dänemark – das ausführliche „Making of“ gibt hier erhellend Auskunft, der Sechsteiler selbst aber auch, subkutan.
An der Oberfläche ist „Top Of The Lake“ ein astreiner Kleinstadtthriller um Schuld, Sühne, Lügen, Kindesmißbrauch und Mord, aber unter der Oberfläche ist das ganze Stück einfach perfekt erzählt, perfekt komponiert und perfekt aufgeladen mit Bildern, Symbolen und Kreisstrukturen (die wiederum perfekt ins Bild des ruhenden Sees passen, denn eben diese Strukturen entstehen, wenn man mit Steinen wirft …). Drum bietet die Erzählung dem schlicht gestrickten Gänsehautsucher ebenso viel wie dem geneigten Bewunderer von echter Filmkunst, und als Zugabe gibt´s Campions besondere Sicht auf Welt, Menschen und Zustände, eine im allerpositivsten Sinn weibliche Sicht. Nicht platt, wie wir´s gewohnt sind, wenn hierzulande „Heldinnen“ und ihre männlichen Antagonisten produziert werden, sondern behutsam und tastend den Dingen auf den Grund gehend – nicht nur den Dingen des „Falles“, sondern tatsächlich den existenziellen. Was selbstredend schon wieder perfekt ins Bild passt, denn wie anders als besorgt tastend sollte man sich im Trüben unter der Seeoberfläche bewegen, auf der Suche nach Antworten. Was selbstredend auch schon wieder alle bildlichen „Klammern“ erklärt, mit denen Campion arbeitet …
Ach, was soll die Schwärmerei? Geht doch auch kürzer: „A must see“.