Ga Ying Hao (22) erhält für seinen neuen Bestseller Child in Time von Juliette Garrett immerhin 40 Euro, also dreimal so viel wie seine unterhaltungsliteraturproduzierenden Kollegen im Industriegebiet von Nanjing. Zu verdanken hat Hao dieses Privileg seinen exzellenten Englischkenntnissen und seiner Originalität, denn er versteht es vorzüglich, automatisch generierte Manuskripte dort zu humanisieren, wo die Statistik es ihm erlaubt. Zwar sind seine „Spielflächen“ im Skript klein, seine Befugnis beschränkt auf stilistische Veränderungen in Dialogen und in Beschreibungen, aber hier lässt sich tatsächlich mit individuellem Talent der Eindruck erwecken, das gesamte geschriebene Werk stamme von einem Menschen und sei nicht computergeneriert.
Die deutsche Übersetzung von Garretts Roman überwacht Dr. Emma Winkler (37), LÜRA (Lektorin/Übersetzerin/Redakteurin) für die Verlagsgruppe Amazon. Winkler hat nicht viel zu tun, denn Amazons Übersetzungsprogramm Babel Fish arbeitet äußerst zuverlässig, der Auftrag ist mit 200 Euro deutlich über Tarif bezahlt. In guten Monaten kommt Winkler auf 1.200 Euro Bruttogehalt. Sie verträgt sich gut mit ihren Eltern, was hilfreich ist, denn zuhause ausziehen wird sie niemals können.
Beim letzten Deutschlandbesuch der schillernd charmanten Juliette Garrett (anläßlich ihrer Hauptrolle im Film (Amazon Studios) nach ihrem neuen Roman) durfte Winkler den von ihr betreuten Star treffen. Garrett gestand nach dem dritten Champagner (unter vier Augen), sie habe „Child in Time“ zwar noch nicht gelesen, sei aber sehr gespannt auf diesen ihren eigenen letzten Roman.
Und Jaron Lanier steuert in seinem neuen Buch „Who owns the future?“ nicht nur in Sachen „Zukunft des Buchs“ ein paar kluge Gedanken bei, sondern erst recht in Sachen „Informationsfreiheit“. Laniers Einschätzung, die Vernichtung des künstlerischen Mittelstandes sei verschmerzbar, kann man leider nicht widersprechen (zumal auch Lanier das bedauerlich findet) – ebensowenig allerdings der Feststellung, dass die Künstler (inklusive Journalisten) nur als erste über die Planke gehen oder bereits gegangen sind. Die Vernichtung des verbleibenden Mittelstandes steht indes unmittelbar bevor, und diese hält leider keine bürgerliche Gesellschaft aus.
Wie man das verhindern könnte? Lanier hat ein paar Anregungen. Viel Hoffnung können wir uns nicht machen, aber das ist ja immerhin besser als nichts.
(Doch, ja, entschieden – diese und erst recht Laniers Anmerkungen stehen sehr im Zusammenhang mit Zuckerbergs irrsinnig kluger Milliarden-Entscheidung, Instagramm und nun WhatsApp zu kaufen (60 Mitarbeiter) statt zum gleichen Preis sämtliche deutschen Privatfernsehsender.)
Jaron Lanier – Wem gehört die Zukunft? (dt. von Dagmar Mallett und Heike Schlatterer), Hoffmann & Campe 2/2014, 480 S., 24.99 €
Jaron Lanier – Who Owns the Future? (Simon & Schuster 5/2013), 416 S., 11.80 €