Oliver Uschmann kann am Ball vermutlich nicht halb so viel wie Diego Maradonas kleine, dicke Schwester, aber eines kann er sensationell und unnachahmlich: gnadenlos übertreiben. Wahlloses Beispiel aus „Überleben beim Fußball“? Gern (mit tröstendem Gruß an A. W, der sich als tapferer Fan eines kümmerlich runtergerockten Erstliga-Dinos vermutlich noch erinnert:)
„Bernd Hollerbach (…) war sogar zu heftig, um Nationalspieler zu werden, schließlich wollte man nicht zulassen, dass ein Deutscher bei einer Weltmeisterschaft ein paar Jahrzehnte nach Kriegsende wieder auf freiem Feld fremde Völker dezimiert. Während Jürgen Kohler so gut war, schon vor dem Stürmer an Ort und Stelle zu sein, musste Bernd Hollerbach häufig erst noch hin. Der Stürmer war also schon vorbei, und „Holler“ verfolgte ihn, die nächste Blutgrätsche im Sinn. Was dann passierte, war oft von solcher Grausamkeit, dass die Sportschau aus heiterem Himmel Testbilder einspielte. Zahllose Partien des Hamburger SV wurden damals von vornherein erst ab 18 freigegeben. Am Eingang ins Stadion gab es Passkontrollen und psychologische Prüfungen auf die seelische Belastbarkeit der Zuschauer. Bernd Hollerbach war auf dem Rasen die Kanaonen von Navarone, der Wirbelsturm Kyrill, der Napalmregen am Morgen. Und er hatte kein schlechtes Gewissen.“
So geht das nur. Na gut, nicht nur. Es gibt auch ruhigere Passagen, sogar zeilenlang. Drum bin ich jetzt a) dankbar, dass man mir als altem Fußballirren das „Überleben“ einfach geschenkt hat b) genervt, weil ich jetzt alles von Uschmann lesen muss, er (höchstens 14 Jahre alt) schon 246 Bücher veröffentlicht hat, ich also nicht mehr arbeiten kann, weil ich ja lesen muss, und nächsten Winter in einem Pappkarton nahe des Buchholzer Bahnhofes als sehr magere Tiefkühlpizza mit Bart von einem Dutzend Ratten gefressen werde. Aber immerhin: als grinsende Pizza.
Oliver Uschmann – Überleben beim Fußball. Heyne Hardcore, März 2014, 12.99 €