Dr. Nikhil Joshis „10 Dinge, die man nicht zu Krebskranken sagt (und was stattdessen)“ erweitere ich gern um einen filigranen, auch bei MS-Kranken hilfreichen Tipp, der sich an Joshis #1 direkt anschließt, nämlich: „Wie geht´s dir?“
Am besten fragt man das tatsächlich gar nicht, aber falls doch, dann sicherheitshalber massivsuggestiv als: „Geht´s dir gut?“. Sonst besteht nämlich die Gefahr, dass der andere wahrheitsgemäß antwortet: „Nicht so“. Und das ist gefährlich, da könnte was nachkommen – erst recht, wenn man weiß, dass der „Nicht so“-Sager echt fies krank ist; da droht´s ja sogar richtig gemeingefährlich zu werden, denn am Ende käme man mit rein verbalem kurz Mitfühlen aus der Nummer nicht mehr raus und müsste fragen, „Kann ich was für dich tun?“ … Arrgh. Und antwortet der Kranke dann „Ja …“ Whoo-ho, Doppelarrgh. Nicht auszudenken.
Aber andererseits: hat man sich doch mal versehentlich derart aufs Glatteis gewagt, lassen sich alle nach dem „Nicht so …“ drohenden Abgründe rasch zuzementieren, mit raschen Erwiderungen wie: a) „Du, und mir! Ich hatte solche Kopfschmerzen gestern! (cont.)“, oder, höflicher, b) „Du, ja, ein Bekannter von einer Kollegin von mir – der hat sogar Krebs!“
Den möcht´ ich sehen, den bloß 13/19*-Kranken, der da noch auf seinem „Nicht so“ besteht.
Und Herrndorf zitieren, immer wieder, immer wieder gern und immer wieder dies: „Ich habe es bisher immer vermeiden können, meinem Gegenüber mitten im Gespräch den Rücken zuzuwenden und schreiend wegzulaufen oder ihm ins Gesicht zu schlagen, aber dass das auch in Zukunft so bleibt, kann ich nicht garantieren. Ich sterbe, und du erzählst mir ungefragt deinen ganzen nicht enden wollenden langweiligen Lebenslauf, Mädchen auf irgendeiner Party. (…) Und keiner stellt eine Frage. Kein einziger von diesen Hermschwallern stellt eine einzige Frage.“ (Arbeit und Struktur).
Könnte daran liegen, dass sie die „10 Dinge“ nicht wissen. Wahrscheinlicher aber daran, dass sie´s gar nicht wissen wollen, verständlicherweise, denn das geht doch alles von ihrer Redezeit ab.
* Merci, Isabelle. Das ist doch mal wirklich ein schickes She-Who-Must-Not-Be-Named für unsere vernarbte Malaise.