Sowie „Obacht, Wiederholungsgefahr“, denn ich hab´s ja schon häufiger gesagt und geschrieben: Aufrichtigkeit ist zwar wichtig für ein gesundes Rückenmark, dennoch gilt kategorisch: Wer MS hat, der verschweige diese Diagnose, so gut er oder sie kann. Mich erreichen in letzter Zeit häufiger Fragen grundehrlicher junger Neudiagnostizierter, die sich eben nicht so verlogen verhalten wollen, aber das Preisschild auf der Kerntugend Ehrlichkeit sollte man dann schon gründlich gelesen haben, bevor man sich dem Kassenbereich nähert. Im Besonderen gilt das natürlich für öffentliche Outings, denn man wird ja direkt danach nicht nur betriebsbedingt ent- und ggf. vom Lebenspartner verlassen sowie vom Vermieter wegen erfundenen Eigenbedarfs gekündigt, sondern darf auch davon ausgehen, dass man bei jeder Bewerbung um eine neue Bleibe sofort gegoogelt wird. Und danach nützen einem dann auch die vielen prima Einkommensteuererklärungen und das 1A-Schufa-Rating nicht mehr viel, denn: Wer will schon einen Sterblichen als Mieter. (Es nützt übrigens nicht viel, Vermietern zu erklären, dass auch gesunde Menschen jederzeit sterben können.)
Mich und die meinen kratzt das natürlich nicht die Bohne, denn auf meinem Konto ist ja immerhin noch ausreichend Geld für ein gebrauchtes Wohnmobil. Jetzt muss ich also nur noch den Rewe-Filialleiter bestechen, damit meine Familie und ich am Rand seines Parkplatzes dauerparken dürfen. Und sollte das gesetzlich verboten sein, gucken wir uns die Gesamtsituation schön nach dem Motto: „Bewegung ist doch so gesund“. (Unbeantwortet bleibt einstweilen lediglich die Frage, ob es überhaupt ausreichend große Wohnmobile für 5köpfige Familien gibt. Und wie ich mein Büro auf dem Lenkrad befestigt bekomme).
Beantwortet ist aber, immerhin, bei all diesen offenen Fragen, wie ich die lsms.info fertigstellen soll und kann, denn dank meines vom Verlag (Danke!) unterstützten Mini-Crowdfunding haben wir ja jetzt ausreichend Spendengeld in der Kasse, um die Lasten in den kommenden 2 Monaten auf ein paar weitere Schultern zu verteilen. Die Details gibt´s dann im entsprechenden Verteiler bzw. auf der Seite selbst. (Die lang geplante Abteilung „Berichte“ geht jedenfalls nächste Woche ins „on“).
Ihr wurdet aus der Wohnung geworfen aufgrund Deiner öffentlich einsehbaren MS?
Ich war anfangs auch sehr offen was meine MS angeht und hab es vielen erzählt. Dann eine zeitlang nicht mehr. Stelle aber aktuell fest, dass es mir im privaten und unter Kollegen lieber ist, wenn man es weiß.
Ich kenne zwei MS-U-Boote und würde das jedem empfehlen, der inkognito unterwegs sein kann.
Wer mit dem Humpeln beginnt, handelt sich ohne Outing sofort Alkoholismus ein.
Ein Gehstock lässt solche Stimmen zwar verstummen, stattdessen ertönt ein fröhliches „Mach der Oma Platz!“
Ich hab glücklicherweise ganz andere Erfahrungen gemacht. Diagnose vor 2 Jahren. Mein Job war nicht mehr gut für mich und es ist mir ein neuer angeboten worden, der gut zu meiner neuen Situation passt. Auf meine Frage: „trotz der Krankheit?“ kam die Antwort „Du bis ja kein anderer Mensch und jeder kann immer krank werden.“