Wichtig, neu und vergleichsweise handlich: Zwei 1A-Wurfgeschosse, mit denen man auf die Köpfe derer zielen kann, die in Platons Höhle noch immer an die Wand starren und das verschwommene Schattenrissbild für die Realität halten. Mit Können und etwas Fortune geworfen, lässt sich mit beiden Bänden (siehe unten) zumindest etwas Bewegung ins Publikum bringen, und vielleicht wendet der eine oder die andere ja sogar reflexartig den Kopf – und sieht endlich, wie die Dinge wirklich liegen, in der Wirklichkeit vor dem Höhleneingang.
Anders gesagt: Das muss man alles wissen. Und darüber muss man reden. Dringend. Denn jedes Gespräch über die von a) Jens Wernicke & b) von Ullrich Mies & Jens Wernicke herausgegebenen inhaltsstarken Sammlungen bringt den Leser nicht nur der Realität näher, sondern auch dem planvollen Handeln mit Blick nach vorn. Auch wenn kühne Lösungsvorschläge und/oder Zukunftsperspektiven in beiden Bänden fehlen (journalistisch ehrenvoll), bleiben nach der Lektüre dringende Fragen für den geneigten Empfänger stehen – Fragen, die er je nach persönlichem Temperament anders beantworten wird, für sich selbst. Die Antworten reichen dabei vermutlich von „Auswanderung“ bis „Militante Revolution“, von „Rückzug und Anschaffung eines Notstromaggregats“ bis „Noch schnell alles austrinken“, aber wer halbwegs wach mitliest, dem ist zumindest die Alternative „Nichtstun“ wirksam verstellt. Und das wäre dann schon 100% realitätstauglicher als unser derzeitiges kollektives Dösen.
(Spoileralarm): Das Publikum ist ausgesprochen wendig und selbst mit gut geworfenen Büchern wie diesen kaum zu treffen. Aber wer weder Kosten noch Mühen noch gesellschaftliche Ächtung im verwackelten Bekanntenkreis scheut, erzielt ja mittels „hier, weil du doch so gern Tagesschau guckst, ein Geschenk für dich!“ vielleicht doch einen Wirkungstreffer.
Jens Wernicke (Hrsg.) – Lügen die Medien? (Westend 2017, 357 S., 18 €)
Ullrich Mies & Jens Wernicke (Hrsg.) – Fassadendemokratie und Tiefer Staat (Promedia 2017, 272 S. 19,90 €