Toggle heißt Felix Florians Weyhs erster Roman und ist durchaus relevant und kunstvoll, mit leichten Abzüge in der T-Note (für ‚thrill‘): Weyh, mit seinen Sachbüchern über Internetpassion und Demokratie bereits gelegentlich aufgefallen, ist fraglos ein kluger Kopf und ein exzellenter Stilist, die Lektüre seines Google-Romans daher kurzweilig, das eigentliche Thema mehr als brisant, ja, tatsächlich geeignet, die Grundfeste unserer Überzeugungen zu erschüttern und Demokratie als das zu entlarven, was sie längst ist, nämlich wahlweise eine frische Leiche oder gar seit ihrem ersten Auftritt ein Zombie. Im Kippschalter ‚Toggle‘ steckt daher eine gewaltige Portion Sprengstoff.
Dass Weyh diesen Sprengstoff weniger krachledern darreicht als amerikanische Thriller-Autoren versteht sich von selbst, denn der Autor ist offensichtlich belesen und kann sich nicht entschließen, des Spannungsaufbaus zuliebe auf gemütliche Ausflüge ins Historische zu verzichten. Und beim Flaneur Weyh vergisst man am Ende von lauter Freude an der Sprache sogar, dass der Plot doch noch ein paar Grade sauberer hätte gefeilt sein dürfen. Aber das sollte uns nicht daran hindern, ‚Toggle‘ zum Anlass zu nehmen, mit besinnungslosen MyFaceBookTwitterern die Diskussion um Demokratie, Gleichheit, Leben und ‚TOD‘, sprich: „toggle online democracy“ öffentlich zu führen – solange es noch geht.
(Obwohl … wenn ich´s mir recht überlege … wendeten wir den von Galiani und Weyh vorgeschlagenen Algorithmus an, hätte ich 100x so viel Stimmkraft wie meine Nachbarn hier, die vor lauter WoW und Facebook eh nichts mitkriegen – so gesehen, sollten wir vielleicht doch nicht zu laut diskutieren, sondern das Wahlrecht einfach stillschweigend ändern … Gegenstimmen? Wie jetzt?)
Felix Florian Weyh – Toggle (Galiani, Berlin 2012, 440 S, 19.99 €) sowie Kleine Philosophie der Passionen: Internet (dtv 2001, 133 S., ab 3.01 €)