Warum machen Fernsehprominente so was eigentlich? So: aufrüttelnde Sach- und Fachbücher schreiben, laut „Alarm!“ rufen und dem Volk gute Ratschläge in Sachen Klimarettung und Kohlenstoffschuhgröße geben? Mein innerer Philantroph möchte natürlich annehmen: Weil sie ein Gewissen haben, weil sie verantwortungsvoll sind, und weil sie ihren Einfluss selbstlos nutzen wollen, um die Welt zu verbessern oder zu retten. Mein interner Misantroph soll also gehörig schweigen. Festhalten will ich aber doch dürfen, dass der ganz altruistische Weltretter-Promi sich nichts vormachen sollte, und zwar a) die eigene Strahlkraft betreffend („Das wollen bestimmt alle lesen, nicht nur meine Fans!“), und b) die Intelligenz der eigenen Fangemeinde betreffend – sonst nämlich geht das Ganze schief. Exemplarischer: Sofern es Hannes-Jaenicke-Fans tatsächlich gibt, kaufen die vermutlich gern ein Buch mit vielen Fotos von Hannes Jaenicke, auf denen Hannes Jaenicke auf dem Amazonas paddelt, Hannes Jaenicke betroffen auf tote Fische kuckt oder Hannes Jaenicke betroffen neben einem Eisbär sitzt oder neben Sigmar Gabriel. Oder Hannes Jaenicke sonst wie betroffen kuckt. Dazu braucht´s dann noch ein paar luftig gesetzte Simpeltexte sowie Gesprächsnachweise mit weiteren Promis (bzw. Röttgen, Gabriel oder anderen Leuten, die Hannes-Jaenicke-Fans kennen), und fertig ist der Appell. Der unter dem Titel Wut allein reicht nicht vielleicht tatsächlich den einen oder anderen Hannes-Jaenicke-Fan erweicht, sich die Chipstüte vor dem nächsten Fernsehfilm nicht per SUV ranzukarren, sondern zu Fuß von der Tanke zu holen. Das wäre dann: Mission accomplished.
Legt hingegen die Schauspielerin, Ärztin und Zweifachmutter Christiane Paul ein engagiertes Selbstversuch- und Umdenk-Buch vor (Das Leben ist eine Öko-Baustelle), ohne irgendwelche Fotos von sich und allerlei possierlichen Tieren, nur mit lauter kleinen Buchstaben drin, verkennt sie offenbar ihre Fan-Basis, denn die besteht ja aus Frauen, die beim Fernsehen bügeln oder vice versa – und nicht aus Akademikern, die sich gern von einer Schauspielerin mit Doktortitel erklären lassen möchten, wie die Dinge wirklich zusammenhängen. Das bügelnde Lieschen Müller allerdings vermutlich auch nicht. Drum wäre im Sinn der Sache (= unseren Planeten retten) weniger wohl mehr gewesen, denn ohne Bilder will Frau Bügelmüller vermutlich nicht mitlesen, und der echte Herr Doktor, der mit dem Klima-und-Energie-Durchblick, weiß leider schon nach wenigen Seiten, dass Frau Paul ihm nichts bahnbrechend Neues mitzuteilen hat, dafür viel Privates. Absurd, aber wahr: bei diesem an sich gar nicht verkehrten Buch hilft es, sich einfach vorzustellen, Frau Paul wäre nicht bekannt, sondern bloß Doppelmutter und Co-Autorin des guten Peter Unfried, der ja tatsächlich weiß, wovon er schreibt.
Allein: will der gedachte selbstkritische Laie einen kurzen und faktensatten Überblick über Status quo und Feel-Good-Optionen des Einzelnen in Sachen Klimawandelstopp lesen, greift er oder sie doch vielleicht besser zu Wir konsumieren uns zu Tode des Ressourcenstrategen Armin Reller und seiner Co-Autorin Heike Holdinghausen, die als taz-Redakteurin professionell Chemie-, Abfall- und Rohstoffpolitik beackert. Denn deren Buch kommt ganz ohne persönliche Anekdoten aus und konzentriert sich auf das eigentliche Problem (sprich: Wir kaufen zu viel und werfen zu viel weg), ist also deutlich zielführender als die oben genannten Berichte. Dafür ist der Umschlag nicht so schick wie der von Christiane Paul, denn Paul hat wirklich hübsche Augen, und Reller/Holdinghausen haben bloß einen hässlichen Müllberg.
Hannes Jaenicke – Wut allein reicht nicht (Gütersloher VH 2010, 240 S., 22.95 €)Christiane Paul – Das Leben ist eine Öko-Baustelle (Ludwig 2011, 288 S., 19.99 €)
Armin Reller & Heike Holdinghausen – Wir konsumieren uns zu Tode (Westend 2011, 192 S., 12.99 €)