Anderthalb Stunden auf der vollgesperrten Autobahn, direkt hinter einem Horrorcrash. Und während ich hinter dem abgestellten Motor sitze und mich ärgere, dass ich nicht zwei Minuten früher losgefahren bin, festgenagelt zusehe, wie sage und schreibe 25 Einsatzfahrzeuge von Feuerwehr und Polizei blinkend an mir vorbeirollen, vorwärts, zum ursächlichen Ort des Stillstandes, fällt mir ein, dass ich ja auch eine Minute früher hätte losfahren können. Also Teil des Metall-und-Gliedmaßenknäuls einen Kilometer vor meiner Haube gewesen wäre.
Und plötzlich erscheint einem der Verlust von anderthalb Stunden Lebenszeit doch regelrecht verschmerzbar.
Ich habe mal Ähnliches erlebt, da wurden wir zum Schluss alle als Geisterfahrer zur letzten Ausfahrt zurück gelenkt. Es war im Winter und ich fuhr am Rande des Gewagten. Zum Glück. Denn mir fiel während des Wartens ein, dass die meisten der Betroffenen mich wohl eine Minute vorher noch überholt hatten. Dummerweise werden bei sowas immer auch Besonnene mitgeknäuelt. Der Tod steht immer rechts hinter dir, hat Castaneda gesagt, aber auf der Autobahn sitzt er dir auf dem Schoß.